Die ehem. Hüttenanlage bei Bendorf, unweit von Koblenz, gehörte zusammen mit Berlin und dem oberschlesischen Gleiwitz zu den drei staatlichen Eisenhütten, die im Königreich Preußen die Versorgung des Militärs mit Geschützen und Munition sicherstellten. Schon bald kam der Eisenkunstguss hinzu, dessen filigrane Produkte von der Neujahrsplakette bis zur gusseisernen Treppe in vielen Gebäuden und Sammlungen die große Bandbreite des spröden Werkstoffs und die Möglichkeiten der seriellen und ökonomischen Herstellungsweise dokumentieren.
Unter den bis heute erhaltenen Bauten der Hütte beansprucht insbesondere die alte Gießhalle seit langem einen herausragenden architekturgeschichtlichen Rang, der ihr 2010 das von der Bundesingenieurskammer verliehene Prädikat eines „Historischen Wahrzeichens der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ einbrachte. Die 1828–1830 und 1844/1845 in zwei Bauabschnitten – in Gestalt einer durchglasten Basilika – errichtete Gusseisenkonstruktion verbindet technische Innovation mit architektonischer Eleganz. Nachdem die von der Kathedralgotik inspirierte, durch Risse im Eisenguss gefährdete Halle 2012–2014 behutsam instandgesetzt und restauriert wurde, harrte zuletzt noch der frühere Hochofen am Abschluss des Raumes auf eine seiner Bedeutung gemäße Präsentation. Als eigentliches Herz der Anlage war er kaum mehr erkennbar gewesen. Nach der Aufgabe des Hüttenbetriebs im 19. Jahrhundert und der endgültigen Einstellung der Gussproduktion 1926 hatte ein langer Verfallsprozess eingesetzt, der nur Reste übrigließ. Beim Wiederaufbau des Hochofentraktes durch einen privaten Unternehmer in den 1970er Jahren wurde zwar die äußere Kubatur wiederhergestellt, das Innere jedoch durch Zwischendecken unterteilt und zur Halle geschlossen. Im Rahmen der laufenden Gesamtmaßnahme zur Instandsetzung der Sayner Hütte erfolgte nun die Öffnung des Raumes und die Freistellung der Ruine des Hochofens, der in seiner historischen Substanz konserviert, aber nicht rekonstruiert wurde. Stahlelemente deuten die fehlenden Teile in ihrem Umriss an, zugleich sorgen Licht- und Klanginstallationen für die längst vergangene industrielle Anmutung. Neben ergrabenen Mauerresten zeugt auch ein eisernes, vermutlich noch aus der Frühzeit der Hütte stammendes Wasserrad von der früheren technischen Einrichtung, die bewusst in ihrem fragmentarischen Zustand belassen wurde, um den authentischen Charakter zu wahren. Die aus den archäologischen, bauhistorischen und restauratorischen Untersuchungen gewonnenen Forschungsergebnisse sind hingegen in die virtuelle Präsentation mit Informationsstelen und Modellen eingeflossen. Diese zeigen neben den verlorenen Aufbauten auch die unter dem Boden verlaufenden, nicht sichtbaren Kanäle und Vorrichtungen und lassen die komplexen Produktionsprozesse sowie die technischen Neuerungen der Entstehungszeit anschaulich werden. In einem weiteren Bauabschnitt soll auch die hochgelegene Möllerebene, von der aus der Hochofen beliefert wurde, in geeigneter Form erschlossen und verständlich gemacht werden. Ziel ist es, die Sayner Hütte als einen ehemaligen „Hotspot“ technologischen Erfindungsgeistes wieder ins Bewusstsein zu rücken.
Georg Peter Karn
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