Inventarisation

Die Inventarisation bildet die unverzichtbare Grundlage für die Arbeit am Kulturdenkmal. Aufgabe des Fachbereichs ist es, die Denkmäler zu erfassen, zu beschreiben, zu erforschen und ihren Denkmalwert zu begründen. Zu berücksichtigen sind dabei die künstlerische, architektonische und geschichtliche Bedeutung ebenso wie die topographischen, städtebaulichen oder stadtbaugeschichtlichen Zusammenhänge. Hierzu nutzt die Inventarisation verschiedene Erfassungsmethoden, deren Bearbeitungstiefe von ihrer jeweiligen Zweckbestimmung abhängt.

Die Denkmalliste ist das Verzeichnis aller Kulturdenkmäler des Landes. Als Kurzinformation enthält sie nur knappe Angaben. Die Liste wird laufend aktualisiert und um die neu erfassten Denkmäler ergänzt. Sie ist auf der Website der Landesdenkmalpflege abrufbar.

In den Denkmaltopographien werden die Kulturdenkmäler differenziert beschrieben, historisch eingeordnet und individuell gewürdigt. In den einleitenden Abschnitten werden darüber hinaus die städtebauliche Entwicklung der einzelnen Ortsgemeinden und die regionaltypischen Besonderheiten ihrer Bebauung dargestellt. Für die Bewertung eines Kulturdenkmals stellen die Denkmaltopographien eine wichtige Grundlage dar. Sie liegen bislang für zwei Drittel der Kreise und kreisfreien Städte des Landes vor.

Die Kunstdenkmäler-Inventare bieten eine wissenschaftlich vertiefte Darstellung der Kulturdenkmäler. Darin einbezogen sind auch abgängige Bauten und Ausstattungselemente. Neben der Auflistung und Auswertung schriftlicher Quellen finden hier historische Abbildungen besondere Berücksichtigung.

Die traditionsreichste Form der Denkmalerfassung beschränkt sich mittlerweile auf historisch herausragende Bauten und Siedlungen. Mit besonderen Erfassungsprojekten, etwa zu gefährdeten Ortskernen oder zur Nachkriegsarchitektur, trägt die Inventarisation dem raschen Wandel unserer gebauten Umwelt Rechnung. Durch Gutachten und Stellungnahmen zur historischen Bewertung wirkt sie auch an der Vorbereitung von Planungen und baulichen Maßnahmen an Kulturdenkmälern mit.

Dem Fachbereich angeschlossen sind das umfangreiche Fotoarchiv und die Bibliothek der Landesdenkmalpflege. Anfragen zur Nutzung der Bestände stellen Sie bitte an die Geschäftsstelle des Fachbereichs Inventarisation.

Projekte

3 Fotos nebeneinander mit Burg Dill, Tabakschuppen in Hayna, Pelzerstraße in Ediger
Burg Dill, Tabakschuppen in Hayna, Pelzerstraße in Ediger

Das im Frühjahr 2018 begonnene Projekt „Systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz“ soll die Baugeschichte der als Kulturdenkmal geschützten historischen Stadt- und Ortskernen eingehender und differenzierter beschreiben und veranschaulichen sowie auf die erhaltenswerten Bauten und Freiräume und städtebaulichen Strukturen und Ortsgrundrisse aufmerksam machen. In enger Kooperation mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird das Projekt unter der Leitung des Fachbereichs Inventarisation der Direktion Landesdenkmalpflege bearbeitet.

Zu den Denkmalzonen gehören nach dem rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz (gem. §5) neben baulichen Gesamtanlagen wie Burgen und Schlössern, Klöstern und Stadtbefestigungen auch kennzeichnende Straßen-, Platz- und Ortsbilder mit ihren vielgestaltigen, oftmals über Jahrhunderte gewachsenen Strukturen. Da alle Bestandteile einer Denkmalzone, auch jene die nicht als Einzelkulturdenkmäler geschützt sind, der Erhaltung der geschichtlichen Aussagekraft der Denkmalzone dienen, tragen alle Gegenstände in einer Denkmalzone zur Wahrung des Geschichtswertes bei. Die Bedeutung der städtebaulichen Strukturen und die Wertigkeit einzelner Gebäude und Bauten innerhalb dieses sich flächenhaft ausdehnenden Kulturdenkmals zu erkennen und darzustellen ist Aufgabe der Inventarisation, d. h. der Denkmalerfassung in der Denkmalpflege.

Für viele historische Stadt- und Ortskerne in Rheinland-Pfalz fehlt bislang eine differenzierte Wissensbasis für einen flächenbezogenen Denkmalschutz, wie sie für Denkmalzonen mit ihrem übergreifenden Denkmalwert notwendig ist. Ziel der vertiefenden Untersuchungen der Nachqualifikation ist es daher, wichtige historische Informationen über das städtebauliche Erbe frühzeitig in Planungs- oder Sanierungsprozesse einzubringen. Zwar bedeutet Planung immer auch Veränderung und Weiterentwicklung, mit Hilfe der Informationen der Nachqualifizierung der Denkmalzonen kann sie aber im Bewusstsein um historische Werte handeln.

Die Projektergebnisse konkretisieren die künstlerische, architektonische, städtebauliche und historische Bedeutung von Denkmalzonen. Die topografischen, stadtbaugeschichtlichen, funktions- und sozialgeschichtlichen Zusammenhänge werden anschaulich und im räumlichen Zusammenhang aufgezeigt und die denkmalbegründenden Elemente der Denkmalzone vertiefend und differenziert erläutert, beschrieben und mit Fotos sowie einer erklärenden Kartierung entsprechend dargestellt.

Damit einher geht eine aktive, vorsorgende Denkmalpflege als wichtige Voraussetzung für einen angemessenen konservatorischen Umgang mit den Denkmalzonen und eine frühzeitige Steuerung der Beteiligungsprozesse. Eine verbesserte Datenbasis ermöglicht es allen am Planen und Bauen Beteiligten, von den Denkmalbehörden über kommunale Entscheidungsträger bis hin zu Sanierungsgesellschaften, zügige und zugleich kompetente Entscheidungen zu treffen. Die systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz schafft dazu eine unverzichtbare fachliche Grundlage für die praktische Arbeit der Denkmalpflege innerhalb der Denkmalzone.

Die Ergebnisse der bereits abgeschlossenen Untersuchungen werden regelmäßig auf der Homepage der Landesdenkmalpflege in der Rubrik „Informationen zu Denkmalzonen“ der Öffentlichkeit bereitgestellt.

Das Wasserkraftwerk Friedrichssegen und seine Denkmalkartierung

Die flächendeckende Erfassung der rheinland-pfälzischen Kulturdenkmäler und die Fortschreibung ihrer Verzeichnisse ist eine zentrale Aufgabe der Landesdenkmalpflege als Denkmalfachbehörde. Sie ist gesetzlich verpflichtet, die Denkmalliste auf aktuellem Stand zu halten, den Schutzumfang der unbeweglichen Denkmale zu kartieren und diese Informationen zu veröffentlichen, um sie allen Bürgerinnen und Bürgern sowie Partnerinnen und Partnern der Denkmalpflege zugänglich zu machen. Während der fortlaufenden Pflege dieser Daten und im Zuge der Digitalisierung der Denkmalkartierung hat sich für viele Kulturdenkmäler ein individueller Klärungsbedarf ergeben, weil zusätzliche Informationen zu diesen Objekten benötigt werden. Überwiegend handelt es sich dabei um denkmalfachliche Fragen, die sowohl den Denkmalstatus (gemäß §§ 4 und 5 DSchG) als auch den inhaltlichen wie räumlichen Schutzumfang der Kulturdenkmäler betreffen.

Die wissenschaftliche Bearbeitung dieser sogenannten Kartierungsfragen übernimmt das zum Frühjahr 2022 geschaffene und dem Fachbereich Inventarisation zugeordnete Projekt Objektbezogene Revision der Denkmalliste und der Denkmalkartierung. Die Beantwortung dieser Fragen erfordert eine auf das Objekt abgestimmte und bisweilen intensive Erforschung. So können etwa Akten-, Literatur- und Archivrecherchen, Vor-Ort-Untersuchungen, Abgleiche von Karten, Luftbildern, historischen Abbildungen und Plänen notwendig sein. Auch der Austausch mit den Unteren Denkmalschutzbehörden, den jeweiligen Eigentümerinnen und Eigentümern oder mit der ortskundigen und denkmalpflegerisch engagierten Bevölkerung erweist sich oft als wertvoll. Nach abschließender Klärung der Kartierungsfragen eines Landkreises bzw. einer kreisfreien Stadt erfolgt die Veröffentlichung des entsprechenden Gebietsauszuges im für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglichen Geoportal des Landesamts für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz.

Exemplarisch für die Vielzahl der zu bearbeitenden Kulturdenkmäler sei an dieser Stelle das 1906/1907 errichtete Laufwasserkraftwerk im Lahnsteiner Ortsteil Friedrichssegen (siehe Abbildung) genannt, dessen Schutzumfang im Detail zu klären war. Dieses Kulturdenkmal wurde im Rahmen des Projektes bereits bearbeitet, vollumfänglich kartiert und ist nun in der Denkmalliste differenziert beschrieben: Zu seinen denkmalrelevanten Bestandteilen gehören das Maschinenhaus, das Kesselhaus, der Trafoturm, der Schornstein, der Triebwerkskanal, der Überlaufkanal, die technische Ausstattung sowie die zugehörigen Freiflächen. Auch Kleindenkmäler wie beispielsweise historische Wegekreuze, deren Verbleib sich zuvor bei einer amtlichen Überprüfung als unklar herausgestellt hatte, konnten seit Projektbeginn lokalisiert und kartiert werden.

Die Projektstelle unterstützt damit insgesamt die vielfältigen fachlichen Aufgaben der Landesdenkmalpflege, indem sie wichtige Grundlagen und zweckdienliche Informationen liefert. Zudem stellt die kartografische Aufbereitung des Denkmalbestandes ein besonders geeignetes Mittel zur Vermittlung kulturhistorischer Zusammenhänge dar. Ausdrückliches Ziel ist eine Fortsetzung des Projektes, um die Revision der Denkmalliste vollständig für ganz Rheinland-Pfalz durchzuführen, an dessen Ende unter Einhaltung der in der Denkmalerfassung geltenden Standards eine zusammenhängende Denkmalkartierung für das komplette Bundesland veröffentlicht werden soll.

Kooperationsprojekt „Systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen und der Denkmalliste in der Welterbestätte Oberes Mittelrheintal“

Das Obere Mittelrheintal wurde 2002 als erste Kulturlandschaft in Deutschland in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Entlang eines ca. 65 Kilometer langen Engtales entfaltet sich zwischen Bingen und Koblenz eine einzigartige Landschaft, die geprägt ist durch den Rhein, seine Uferbereiche und Flussterrassen, die vom Weinbau gekennzeichneten Talhänge, die angrenzenden Mittelgebirge und deren Seitentäler sowie die zahlreichen Burgen, Schlösser, Klöster, Kirchen und Ortschaften. Als eine der wichtigsten Handelsrouten in Europa ermöglicht das Obere Mittelrheintal seit mehr als 2000 Jahren den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch zwischen der Mittelmeerregion und dem Norden Europas. Das Obere Mittelrheintal ist eine außergewöhnliche, organisch gewachsene Kulturlandschaft, deren heutiges Bild durch seine Geologie und durch die menschlichen Eingriffe wie Siedlungen, Verkehr und Landnutzung bestimmt sind.

Oberstes Ziel der zuständigen Denkmalbehörden und Akteure ist es, die Welterbestätte und ihre Kulturdenkmäler zu bewahren und zu schützen. Zudem sollen die Kulturlandschaft, ihre Orte und deren wertvoller historischer Baubestand welterbeverträglich weiterentwickelt und in die Zukunft geführt werden. Hierzu wurde gemeinsam mit dem Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal und dem Büro ‚michael kloos planning and heritage consultancy‘ in enger Zusammenarbeit und in fachlich abgestimmter Methodik mit den beteiligten Denkmalfachbehörden in Hessen und Rheinland-Pfalz das neu entwickelte Konzept „Erfassungen von Welterbe-Attributen und Denkmalwerten im Oberen Mittelrheintal“ (kurz: EWDs) erarbeitet.
Ziel der Erfassung ist es, sowohl die Schlüsselattribute, die zum außergewöhnlichen universellen Wert (OUV) des Oberen Mittelrheintales beitragen, als auch die vorhanden Kulturdenkmäler mit ihren Denkmalwerten und -begründungen in einem inhaltlichen Zusammenhang darzustellen. Aus ihrem Zusammenwirken ergibt sich deren gemeinsame große Bedeutung für die Bewahrung der Denkmallandschaft und der Welterbeattribute, die im Rahmen der EWD dokumentiert, analysiert und bewertet werden.
Vor diesem Hintergrund startete im Januar 2024 das Kooperationsprojekt „Systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen und der Denkmalliste in der Welterbestätte Oberes Mittelrheintal“ der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) mit dem Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Es steht unter der fachlichen Leitung des Fachbereichs Inventarisation der Direktion Landesdenkmalpflege und dem Sekretariat für das Welterbe in Rheinland-Pfalz. Methodisch und formal orientiert sich das Projekt am 2018 initiierten, für ganz Rheinland-Pfalz zuständigen Projekt zur Nachqualifizierung von Denkmalzonen.

Als Resultat der Nachqualifizierung entstehen eine detaillierte Denkmalbegründung und vertiefende Darstellung des Schutzzwecks der Denkmalzone, Beschreibungen der einzelnen Objekte samt fotografischer Dokumentation, ferner aktuelles Kartenmaterial in Form einer Denkmalkartierung und eines Werteplans. Letzterer visualisiert neben Einzeldenkmälern und baulichen Gesamtanlagen jene Strukturen und Elemente innerhalb einer Denkmalzone, die von Wertigkeit bzw. besonderer Wertigkeit sind. Darüber hinaus erfolgt eine Revision der Denkmalliste für die im jeweiligen Untersuchungsgebiet befindlichen Objekte.

Für die Denkmalbehörden ergibt sich eine verbesserte Kenntnis über die Denkmäler und die Zusammenhänge, in denen sie stehen. Hierdurch wird gleichermaßen der Erhalt der Kulturdenkmäler und der schützenswerten räumlichen Bezüge im Rheintal und somit die Bewahrung des Welterbes ermöglicht. Zudem profitiert die Öffentlichkeit von einer optimierten Vermittlung, besonders durch die digitale Veröffentlichung der Ergebnisse. Zusätzlich finden die Projektergebnisse als denkmalpflegerische Fachbeiträge Eingang in die EWDs. Auf diese Weise wird dazu beigetragen, die denkmalfachlichen Belange möglichst präzise und aktuell in Planungsprozesse zu implementieren und gleichzeitig denkmal- und auch welterbeverträgliche Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.