Ausstellung und Buch dokumentieren die Erkenntnisse eines mehrjährigen Provenienzforschungsprojekts, das rund 375 Erwerbungen der beiden Vorgängerinstitutionen des heutigen Landesmuseums untersucht hat, die aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen.
„Gerade bei sensiblen und für unsere Gesellschaft bedeutsamen Themen ist es ein Glücksfall, wenn sich aus einer Ausstellung heraus eine Buchpublikation ergibt. Sie hält die Ergebnisse der vielbeachteten Sonderausstellung ‚Herkunft [un]geklärt‘ nun auch für die Nachwelt fest – und trägt so zu einem transparenten, verantwortungsvollen Umgang mit unserer Geschichte bei“, betonte Innenminister Michael Ebling bei der Buchpräsentation im Landesmuseum Mainz. Die Ausstellung war vom 12. April bis 15. September 2024 im Landesmuseum Mainz zu sehen. Sie beleuchtete Erwerbungskontexte, Sammlungsgeschichte und Marktmechanismen in einer Zeit, die durch systematische Enteignung, Verfolgung und Ausgrenzung geprägt war.
Das Buch zur Ausstellung wurde von Dorothee Glawe verfasst, die seit 2019 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landesmuseum Mainz tätig ist und die Ausstellung kuratiert hat. In ihrer Publikation beleuchtet sie unter anderem auch die Geschichte des heutigen Landesmuseums, das 1967 durch den Zusammenschluss von Altertumsmuseum, Gemäldegalerie und Graphischer Sammlung entstand.
„Wir erzählen exemplarisch von den erschütternden Schicksalen dreier Mainzer Bürgerinnen und Bürger, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verfolgt wurden“, so Glawe. Neben bislang unbekannten Aspekten des Mainzer Kunsthandels in der NS-Zeit geht es in dem Buch auch um spektakuläre Tauschgeschäfte – darunter der aus heutiger Sicht folgenschwere Verlust von vier originalen Rembrandt-Zeichnungen.
„Die Ausstellung ‚Herkunft [un]geklärt‘ hat deutlich gemacht, wie wichtig die ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Sammlungsgeschichte ist. Provenienzforschung ist kein Blick in die Vergangenheit um ihrer selbst willen – sie ist Ausdruck historischer Verantwortung und gelebter Erinnerungskultur. Wer wissen will, wem ein Kunstwerk einmal gehört hat, fragt nicht nur nach Herkunft, sondern auch nach Gerechtigkeit“, so Ebling abschließend. Der Tag der Provenienzforschung wird seit 2019 jeweils am zweiten Mittwoch im April begangen. In Deutschland richtet sich der Fokus dabei besonders auf die NS-Zeit – eine Epoche, die zur Entrechtung, Verfolgung und Ermordung vor allem der jüdischen Bevölkerung führte. In deren Folge gerieten zahllose Kunst- und Kulturgüter durch Enteignungen und Notverkäufe in Umlauf. Die Zahl der noch heute in Museen, im Kunsthandel oder in privaten Sammlungen befindlichen, NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgüter lässt sich kaum abschätzen.
Die Publikation ist im Nünnerich-Asmus Verlag erschienen und für 22 Euro unter anderem im Museumsshop des Landesmuseums erhältlich.
Info zur Publikation:
Herkunft [un]geklärt. Erwerbungen des Altertumsmuseums und der Gemäldegalerie der Stadt Mainz 1933–1945, Nünnerich-Asmus Verlag, 22 Euro, ISBN 978-3-96176-313-9.