| Meldung

Zeugnisse jüdischen Lebens in Kirrweiler in der Südpfalz

Das Zusammenleben von Christen und Juden war im 18. und 19. Jahrhundert in vielen Dörfern der Südpfalz eine Selbstverständlichkeit. Das lässt sich bis heute an etlichen, wenngleich häufig verborgenen und in der zweiten Reihe stehenden baulichen Zeugnissen nachvollziehen. Im 2000-Seelen-Dorf Kirrweiler, einst ein fürstbischöflich-speyerischer Ort mit Wasserschloss und Ummauerung, findet sich sogar die Trias von Synagogenraum, Mikwe und Friedhof. Juden lassen sich erstmals im 17. Jahrhundert in Kirrweiler nachweisen.
Kirrweiler, jüdischer Friedhof © GDKE, Landesdenkmalpflege, U. Weber
Kirrweiler, jüdischer Friedhof © GDKE, Landesdenkmalpflege, U. Weber
Kirrweiler, Kirchstraße, Kellermikwe in einem Privathaus, die große Wandnische diente zur Kleiderablage, die kleine zum Abstellen einer Lampe © GDKE, Archiv Landesdenkmalpflege
Kirrweiler, Kirchstraße, Kellermikwe in einem Privathaus, die große Wandnische diente zur Kleiderablage, die kleine zum Abstellen einer Lampe © GDKE, Archiv Landesdenkmalpflege
Kirrweiler, ehemalige Synagoge von Süden © GDKE, Landesdenkmalpflege, U. Weber
Kirrweiler, ehemalige Synagoge von Süden © GDKE, Landesdenkmalpflege, U. Weber

Friedhof

Der jüdische Friedhof, im Nordwesten außerhalb des alten Dorfes gelegen, wurde 1869 eröffnet und bis in die 1940erJahre belegt. Nach Verwüstungen in der nationalsozialistischen Zeit wurde er nach dem Krieg wieder hergerichtet und  1976  so renoviert, dass alle erhaltenen 46 Grabstein in einer langen Reihe auf einem Betonfundament aufgestellt wurden.
 

Mikwe

Ursprünglich soll sich unter der Synagoge in der Schlossstraße eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbald, befunden haben, das aber später wieder zugeschüttet wurde. Nicht sehr weit davon entfernt  wurde vor einigen Jahrzehnten unter einem Haus in der oberen Kirchstraße eine Kellermikwe entdeckt, gesäubert und vermessen. Sie wird gepflegt und ist auf Anfrage zugänglich.
 

Synagoge

Während Friedhöfe nach jüdischem Verständnis ewig sind und nie aufgegeben werden dürfen, ist das mit Bethäusern oder Synagogen anders. Die ehemalige Synagoge in Kirrweiler wurde wie viele der kleinen Dorfsynagogen in ganz Deutschland schon zu Anfang des 20. Jahrhunderts aufgegeben, verkauft und umgenutzt.
1766 kauft die jüdische Gemeinde in Kirrweiler ein Grundstück in der zweiten Reihe, zurückgesetzt  von der Schlossstraße, auf dem sie ein Bethaus errichtet. 1830 wird das Grundstück davor, das direkt an der Straße liegt, dazugekauft, hier wird das jüdische Schulhaus gebaut. Es ist sehr bescheiden, hat  eine niedrigere Traufhöhe als das Bethaus, aber die gleichen Fenster- und Türöffnungen in rundbogigen Sandsteinrahmen.  Als die jüdische Gemeinde im 20. Jahrhundert zu klein wird - die fortschreitende Emanzipation der Juden hatte, gepaart mit dem wirtschaftlichen  Aufschwung, dazu geführt, dass die pfälzischen Juden um die vorletzte Jahrhundertwende zusehends die Dörfer verließen und in die Mittel- und Großstädte zogen -, verkauft man  1917 beide Gebäude, das Schulhaus wird als Wohnhaus genutzt, das Bethaus als Werkstattgebäude und Lagerraum. Das Vorderhaus wird 1970  durch einen Neubau ersetzt, allein seine östliche Achse hat sich als Eingang für das neue Wohnhaus mit darüber angeordneter Terrasse erhalten und lässt noch die Traufhöhe des abgegangenen Schulhauses erkennen. Die ehemalige Synagoge zeigt sich bis heute als halb unterkellerter kleiner Saalbau mit einer Reihe von vier rundbogig abschließenden Fenstern und einem – leider  maroden – mit Biberschwanzziegeln gedeckten Satteldach. Die Fenster öffneten sich bis zur Niederlegung des südlich anschließenden Nachbarhauses um das Jahr 2000 nur zu einem schmalen Winkel oder „Schluff“.  Der hier nun angelegte Parkplatz ermöglicht einen Blick auf den in zweiter Reihe bescheiden angeordneten  Bau, so wie man ihn während seiner Zeit als Synagoge nie hat sehen können.

Die Zeugnisse des ländlichen jüdischen Lebens in Kirrweiler zu bewahren ist unbestritten eine Pflicht der Allgemeinheit. Die Gemeinde Kirrweiler und ihr Dorfplaner sind sich dessen durchaus bewusst, Pläne und der Wille zur finanziellen Unterstützung sind vorhanden. Es liegt nun vor allem an den Eigentümern, dem Gebäude der ehem. Synagoge wieder eine Zukunft zu geben.

Ulrike Weber

Teilen

Zurück