| Bericht

Tagungsbericht „Bohlentüren und Eisenkunst des Mittelalters“ im Esslinger Pfleghof am 21. und 22. November 2018

Begeisterung für ein bislang unbeachtetes und sträflich vernachlässigtes Stück Kulturgeschichte.
 Bohlentür der Johanneskirche in Neustadt-Mußbach © Claudia Magin, Restaurierungswerkstatt Krebs/Wien
Bohlentür der Johanneskirche in Neustadt-Mußbach © Claudia Magin, Restaurierungswerkstatt Krebs/Wien
Kartierung der Nageltypen © Claudia Magin, Restaurierungswerkstatt Krebs/Wien
Kartierung der Nageltypen © Claudia Magin, Restaurierungswerkstatt Krebs/Wien
Tagung Bohlentüren und Eisenkunst des Mittelalters, Exkursion ins Kloster Maulbronn © GDKE, Landesdenkmalpflege, R. Kaiser
Tagung Bohlentüren und Eisenkunst des Mittelalters, Exkursion ins Kloster Maulbronn © GDKE, Landesdenkmalpflege, R. Kaiser

Die Restaurierung der mittelalterlichen Bohlentüren in der Weltkulturerbestätte Kloster Maulbronn und das Projekt der Restaurierung einer frühgotischen Sakristeitür in der Johanneskirche im rheinland-pfälzischen Neustadt-Mußbach waren Anlass für ein wissenschaftliches Kolloquium zum Thema Bohlentüren und Eisenkunst des Mittelalters, das die beiden Landesdenkmalämter von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 21. und 22. November 2018 im Esslinger Pfleghof ausrichteten.

Mittelalterliche Türen wurden aus Unkenntnis ihrer frühen Datierung sowie ihrer besonderen, aus hoher Kunstfertigkeit und Herstellungstechnik resultierenden Wertigkeit in der Vergangenheit oft übersehen und eher stiefmütterlich behandelt. Große Substanzverluste waren die Folge. Wie die Tagung deutlich machen konnte, hat sich dennoch ein beachtlicher Bestand – meist in sakralen, vereinzelt auch in profanen Bauten – erhalten, nicht selten sogar im ursprünglichen baulichen Zusammenhang. Mit dem Kolloquium sollte daher ein aktiver Beitrag zur Aufklärung geleistet und zugleich ein höheres Maß an Sensibilisierung für einen künftig adäquaten Umgang mit diesen wertvollen und selten gewordenen Zeugnissen der Vergangenheit erreicht werden, die es für künftige Generationen zu bewahren gilt.

Das Programm zeichnete sich durch eine bunte Vielfalt und fachliche Bandbreite aus. Neben einfachen Bohlen- und Eisentüren des 13. bis 16. Jahrhunderts aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands und Österreichs findet man auch herausragende Beispiele mit ornamentaler und figürlicher Bemalung.

Ein wichtiger Schwerpunkt der Tagung widmete sich konkret den Maßnahmen an den Maulbronner Türen und an der Sakristeitür der ehemaligen Johanniterkirche in Neustadt-Mußbach. In beiden Projekten konnten die Türen bereits im Vorfeld durch dendrochronologische Untersuchungen relativ exakt datiert werden. Bei der Vorstellung der Konservierungsmaßnahmen wurde intensiv die Frage diskutiert: Wie viel Korrosionsschutz muss bzw. sollte auf die schmiedeeisernen Beschläge in Form von Schutzüberzügen aufgebracht werden? Grundsätzlich herrschte Einigkeit darüber, Eingriffe möglichst gering zu halten, sodass der authentische und gealterte Zustand seine Wirkung möglichst unverfälscht entfalten kann.

Einen weiteren Höhepunkt stellte der Beitrag über die sogenannte Karlstür aus dem Aachener Dom dar, die eine ausgesprochene Sonderstellung einnimmt. Vermutlich handelt es sich dabei um die älteste erhaltene karolingische Tür in Deutschland. So ergaben dendrochronologische Datierungen sowie eine C14-Untersuchung von Holz und Tierhaut eine Entstehungszeit um 800. Die Untersuchungen wurden von einem interdisziplinär besetzten Team aus Kunsthistorikern, Naturwissenschaftlern, Restauratoren der Fachgebiete Metall, Holz, Fassung und Leder sowie Bauforschern und Architekten durchgeführt. Im Vergleich zu allen anderen mittelalterlichen Türen wurden erhebliche Abweichungen in den technologischen Fertigungsdetails der Holzkonstruktion, der Beschlagmontierung und der Verankerung sowie Befestigung der Tür erkennbar. Erklärbar sind diese Unterschiede gerade aufgrund der frühen Entstehungszeit und einer möglicherweise hierdurch bedingte – für die karolingische Zeit charakteristische – Bezugnahme auf die antike bzw. römische Kultur. Für die Metallbeschläge konnte nur auf Analogschlüsse vor allem aus der Buchmalerei und der Elfenbeinkunst verwiesen werden, da bislang keine Vergleichsbeispiele der gleichen Zeitstellung bekannt sind.

Als Fazit der Tagung kann festgehalten werden: Eine systematische Bestandserfassung mittelalterlicher Bohlentüren erscheint ebenso notwendig wie lohnend. Durchzuführen wäre sie in Zusammenarbeit mit den kirchlichen Denkmalpflegeämtern. Mit gutem Beispiel vorangegangen ist bereits das Bistum Mainz mit einer Bestandsaufnahme der Bohlentüren in den rheinhessischen Dorfkirchen, die laut dendrochronologischer Untersuchung allesamt im Mittelalter gefertigt wurden. Doch auch die Ergebnisse der denkmalpflegerischen Arbeit sowie die Wertigkeit der Objekte an sich sind an eine breitere Öffentlichkeit weiterzugeben und den (Kirchen)Gemeinden sowie jeweiligen Eigentümern bzw. Bürgern verständlich zu präsentieren.

Claudia Gerner-Beuerle

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