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Jüngstes Kulturdenkmal in Rheinland-Pfalz: Die Zentralmensa in Mainz

Als jüngstes Kulturdenkmal des Landes Rheinland-Pfalz kann seit Anfang des Jahres 2018 die 1980–1985 errichtete Zentralmensa der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz gelten.
Auskragende Dachkonstruktion, Obergeschoss © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Auskragende Dachkonstruktion, Obergeschoss © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Zentraler Essbereich im Erdgeschoss © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Zentraler Essbereich im Erdgeschoss © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Sichtbare Konstruktion im Inneren © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Sichtbare Konstruktion im Inneren © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren

In ihrem bisher nahezu unveränderten Originalzustand stellt sie ein beispielhaftes Zeugnis für den hohen Anspruch der sich wandelnden Universitätsarchitektur im Westdeutschland der 1970er Jahre dar.

Der Entwurf geht auf den Münchener Architekten Hans Auras (1929–2016) zurück, der den Wettbewerb zur Errichtung einer neuen Mensa bereits 1970 für sich hatte entscheiden können. Doch erst nach einer längeren Planungsphase konnte der Neubau als Ersatz für die sog. Alte Mensa, die einst als Kasino der ehemaligen Flakkaserne diente, auf einem noch unbebauten Grundstück am Staudinger Weg – am damals westlichen Ende des Mainzer Universitätsgeländes – realisiert werden.

Umgeben von einer eigens für den Bau angelegten hügelartigen Landschaft entstand hier ein mit künstlerisch gestalteter Dachlandschaft ausgestattetes Gebäude auf freiem, polygonalem Grundriss, das sich behutsam in die Umgebung einfügt und zugleich als zentraler Ankerpunkt des westlichen Campus fungiert. Das, die äußere Erscheinung prägende, stark rhythmisierte Dach besteht aus einer mit Zink eingedeckten Holzkonstruktion auf zwei Ebenen, die auf markanten Betonträgern aufliegt. Die obere Dachebene nimmt neben der Belüftungsanlage auch Fensterbänder zur zusätzlichen Belichtung des Obergeschosses auf. Der pagodenartigen Dachkonstruktion werden sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss großzügig verglaste Fensterzonen entgegengesetzt, die vielfältige Ausblicke in das umgebende Grün bieten. Im Erdgeschoss erfahren die Glasfronten im Bereich des Speisesaals eine auffallende rhythmische Gliederung durch ein unregelmäßiges Raster vertikaler Fenstersprossen aus Holz.

Die plastische Auffassung im Äußeren wird im Inneren durch den individuellen Charakter der Raumausstattung ergänzt, die sich deutlich von der Typisierung deutscher Universitätsbauten in den sechziger und siebziger Jahren abhebt und die baukünstlerische Qualität der Mensa zusätzlich unterstreicht. Die Verwendung funktionsbedingter Komponenten als gestalterisches Element wie die Beleuchtung und die offen liegenden Installationen der Abluftröhren im Inneren spielen dabei eine bedeutende Rolle, denn sie dokumentieren eine charakteristische Erscheinungsform der Architektur seit dem Ende der 1960er Jahre, die sogenannte High-Tech-Architektur, die etwa am 1977 eröffneten Centre Pompidou in Paris oder am 1969 begonnenen Aachener Universitätsklinikum offenkundig wird. In der Mainzer Zentralmensa wird diese Auffassung einer Ästhetisierung technischer Konstruktionsweisen mit der gestalterischen Individualisierung der Raumausstattung ergänzt. So werden auch die künstlerisch gedachten Deckenabhängungen und die farbigen Holz- und Metallelemente bewusst für die Raumgestaltung und als Kontrast zum Sichtbeton der konstruktiven Elemente eingesetzt.

Hans Auras hat damit nicht nur einen markanten baukünstlerischen Akzent auf dem westlichen Teil des Universitätsgeländes gesetzt, sondern auch eine zeittypische Innenarchitektur und –ausstattung entworfen, welche die Mensa zu einem wichtigen und nachvollziehbaren Zeugnis der Architektursprache der 1970er Jahre werden lässt.

Leonie Köhren

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