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Die Wandmalereien in der Christuskirche von Haßloch – eine unvermutete Überraschung

Im Zentrum des Oberdorfes von Haßloch steht ortsbildprägend die barocke Christuskirche. Schon seit einiger Zeit war bekannt, dass sich unter den Tünchen der Ulrichskapelle im unteren Turmgeschoss ältere Malereien verstecken. Aber erst bei den jüngsten restauratorischen Untersuchungen wurden ornamentale Fresken entdeckt, die einen neuen Blick auf die Bau- und Kirchengeschichte gestatten.
Haßloch, Ansicht der Christuskirche von Osten © GDKE, Landesdenkmalpflege, Georg Peter Karn
Haßloch, Ansicht der Christuskirche von Osten © GDKE, Landesdenkmalpflege, Georg Peter Karn
Haßloch, die Ulrichskapelle im ehem. Chor der Christuskirche © GDKE, Landesdenkmalpflege, Maria Wenzel
Haßloch, die Ulrichskapelle im ehem. Chor der Christuskirche © GDKE, Landesdenkmalpflege, Maria Wenzel
Haßloch, bildliche Rekonstruktion der Wandmalerei an der Ostseite der Ulrichskapelle von Quentin Saltzmann © Quentin Saltzmann Restaurator, Schaafheim
Haßloch, bildliche Rekonstruktion der Wandmalerei an der Ostseite der Ulrichskapelle von Quentin Saltzmann © Quentin Saltzmann Restaurator, Schaafheim
Haßloch, Wandmalerei aus der Zeit um 1600 an der Südseite der Ulrichskapelle © Quentin Saltzmann Restaurator, Schaafheim
Haßloch, Wandmalerei aus der Zeit um 1600 an der Südseite der Ulrichskapelle © Quentin Saltzmann Restaurator, Schaafheim

Die Christuskirche hat eine ungewöhnliche Baugeschichte. Vom mittelalterlichen Ursprungsbau hat sich nur der Chor, die sog. Ulrichskapelle, als unteres Turmgeschoss erhalten. Das Kirchlein wurde 1559 den Reformierten überlassen, die laut Inschrift im Jahr 1700 den Turm aufbauen ließen. 1752–1754 wurde ein großer neuer Saalbau angefügt, der vermutlich das alte Kirchenschiff ersetzte, aber nach Süden ausgerichtet wurde. Der ehem. Chorraum wird zwar ins 14. Jahrhundert datiert, zeigt aber spätere Veränderungen des 15./16. Jahrhunderts. Eine weitere Zeitschicht erschloss sich durch einen Schurf im Boden, bei dem man ein Steingewände aus dem späten 16. bzw. frühen 17. Jahrhundert mit einer charakteristischen kleinen Volute (Schneckenform) und vermutlich zeitgleichen Wandmalereien fand. Weitere restauratorische Untersuchungen erweiterten den Blick auf die historische Ausmalung.

Offenbar erfuhr der Chor um 1600 eine malerische Neugestaltung von hoher Qualität, die in unterschiedlich aussagekräftigen Resten erhalten ist. Sie umfasst im Wesentlichen die Rahmung der Tür- und Fensteröffnungen. An der Ostseite ist die Fensternische rot abgesetzt und durch eine dunklere Rollwerk-Dekoration auf den Wänden zusätzlich betont. Auf der Südseite findet sich – heute halb vom Boden verdeckt – eine architektonisch aufwändig gerahmte Öffnung mit Rollwerk in kräftigen Rot-, Gelb- und Grautönen. Auf den Wänden war ein Sockel abgesetzt; die Gewölberippen waren in einem hellen Rot mit einem dunkleren Begleitstrich angelegt, die Schlusssteine farbig gefasst.

Die reiche Gestaltung wird durch eine Inschrift auf der Ostseite ergänzt, die die Entstehungszeit weiter eingrenzt und uns gleichzeitig die Menschen von damals näher bringt: FAUTH HANS BOHLER VALENTIUS SIGEL benennt die beiden Vögte (Fauth als altertümlicher Ausdruck für Vogt), die zwischen 1590 und 1613 bzw. 1619 in Haßloch lebten und möglicherweise die Stifter der Umgestaltung waren. Otto Frank berichtet in seiner Allgemeinen Beschreibung des gesamten Kirchenwesens in der protestantischen Pfarrei zu Haßloch von 1953, dass Anfang des 17. Jahrhunderts die zu klein gewordene Ulrichkapelle zur Kirche erweitert und die Arbeiten im Jahre 1607 abgeschlossen worden seien. Offenbar erfolgte damals auch eine dekorative Neugestaltung, die vermutlich auch den heute nicht mehr bestehenden Kirchensaal einschloss. Mit dem Neubau von Turm und Kirchenschiff 1700 und ab 1752 reagierte man schließlich auf die über Jahrhunderte stetig wachsende Gemeinde. Architektonisch lehnte man sich dem barocken Neubau an die nur 20 Jahre ältere lutherische Kirche in Haßloch an, was besonders an der Giebelfront mit Portal, Rundbogenfenstern und Okuli deutlich wird – ein weiterer Beleg für die engen regionalen Verflechtungen der Kirchenarchitektur in der Pfalz.

Gerade weil sich Kirchenausmalungen der Spätrenaissance nicht häufig erhalten haben, beansprucht der Befund von Haßloch besondere Bedeutung. Die Epoche der figürlichen Kirchenausmalungen war mit dem ausgehenden Mittelalter in dieser Region zu Ende gegangen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der großen religiösen Umwälzungen.  In einer kurzen Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg finden sich jedoch wiederholt Zeugnisse für architektonisch-ornamentale Ausmalungen, die oft durch Inschriften mit Bibelsprüchen ergänzt wurden. Beispiele hierfür sind die ehem. reformierte Kirche in Großkarlbach (1609/1610, Chormalereien 1618) und die 1597 datierte Ausmalung von Chor und Chorbogen der ev. Kirche in Worms-Heppenheim.

Man darf sicher sein, dass es sowohl im sakralen wie im profanen Bereich weitere Ausmalungen gab, die aber die Zeitläufe nicht überstanden haben. Umso wertvoller ist – trotz seiner fragmentarischen Überlieferung – der Befund in Haßloch einzustufen.

Seine Entdeckung hängt mit den Bemühungen der Turm-Initiative Haßloch zusammen, die die ehemalige Ulrichskapelle wieder in ihren historischen Zustand versetzen möchte. Der in den 1960er Jahren erhöhte Fußboden soll wieder auf sein ursprüngliches Niveau gebracht werden. Vieles ist dabei zu beachten: Die Tieferlegung muss archäologisch, bauhistorisch und restauratorisch begleitet werden. Türen und Fußböden sind anzupassen und barrierefrei zu gestalten. Vor allem aber sollen die Oberflächen von der schädlichen Dispersionsfarbe befreit werden. Ein restauratorisches Konzept mit Musterflächen bis hin zur Freilegung der Malereien liegt bereits vor. Dabei darf man auf weitere Überraschungen gefasst sein, denn noch ist nicht klar, in welchem Zustand sich die Putzoberflächen mit vermuteten Malereiresten unter der heutigen Oberfläche erhalten haben. Es bleibt also spannend.

Maria Wenzel
Praktische Denkmalpflege

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