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Der Kirchturm der evangelischen Kirche von Hennweiler

Bauhistorische Untersuchungen erbrachten jüngst neue Erkenntnisse über die Baugeschichte des romanischen Kirchturms in Hennweiler.
Der Kirchturm von Hennweiler vor dem Rückbau des kleinen Anbaus am Fuß des Turmes © GDKE, Landesdenkmalpflege, Fotoarchiv
Der Kirchturm von Hennweiler vor dem Rückbau des kleinen Anbaus am Fuß des Turmes © GDKE, Landesdenkmalpflege, Fotoarchiv
Baualtersplan der Südseite des Kirchturms mit Eintragung der romanischen Priesterpforte (links) und der jüngeren Pforte rechts davon © Dr. Marzena Kessler, Trier. Plangrundlage: Alwin Bertram, Architekt, Rüdesheim a. N.
Baualtersplan der Südseite des Kirchturms mit Eintragung der romanischen Priesterpforte (links) und der jüngeren Pforte rechts davon © Dr. Marzena Kessler, Trier. Plangrundlage: Alwin Bertram, Architekt, Rüdesheim a. N.
Der Innenraum mit der romanischen Priesterpforte rechts und der jüngeren Pforte links © Marco Heeg, GDKE, Landesdenkmalpflege
Der Innenraum mit der romanischen Priesterpforte rechts und der jüngeren Pforte links © Marco Heeg, GDKE, Landesdenkmalpflege
Bauaufnahme und Bauforschung - vom Befundfoto über die steingerechte Bauaufnahme zum Baualtersplan © Vermessung Marco Heeg, GDKE, Landesdenkmalpflege, Baualterskartierung Dr. Marzena Kessler, Trier
Bauaufnahme und Bauforschung - vom Befundfoto über die steingerechte Bauaufnahme zum Baualtersplan © Vermessung Marco Heeg, GDKE, Landesdenkmalpflege, Baualterskartierung Dr. Marzena Kessler, Trier

Die evangelische Kirche von Hennweiler, ehemals St. Stephan, liegt auf einer leichten Erhöhung im historischen Ortskern. Schon rein äußerlich fallen drei Hauptbauphasen auf: Der im Kern romanische Chorturm mit seinem spätgotischen Dach samt kleinen Ecktürmchen sowie das barocke Langhaus, das 1790/1791 errichtet wurde.

Eine Kirche in Hennweiler wird zwar erstmals 1317 erwähnt, anhand stilistischer Vergleiche lässt sich der Kirchturm jedoch bereits in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren. Ein erster Kirchenbau kann indessen schon für das frühe 11. Jahrhundert angenommen werden. Denn der Ort wird 992 erstmals erwähnt, als König Otto III. ein königliches Hofgut in Hanenwilare (Hennweiler) an das von Erzbischof Willigis gegründete Stift St. Stephan in Mainz überträgt. Der Mainzer Erzbischof, damals Vormund des noch unmündigen Königs, sicherte damit nicht nur die Lebensgrundlage des Stifts sondern betrieb zugleich den Landesausbau im Grenzgebiet zu den Diözesen Worms, Trier und Reims.

Nachdem bereits vor fünfzig Jahren im ehemaligen Chor eine Rundbogenpforte entdeckt worden war, kam 2018, nach dem Abriss eines kleinen jüngeren Anbaus, eine romanische Priesterpforte auf der Außenseite zum Vorschein. Ihr baulicher Kontext wies auf größere Veränderungen im Turm hin, sodass der Fachdienst Bauforschung der Landesdenkmalpflege eine bauhistorische Untersuchung durch die Bauhistorikerin Dr. Marzena Kessler (Trier) durchführen ließ. Die Vermessung des Befunds übernahm Marco Heeg (Fachdienst Bauforschung). Es konnte festgestellt werden, dass der Kirchturm in zwei Bauphasen entstanden ist. So ergab eine dendrochronologische Untersuchung, dass nach einem schweren Brand der romanische Turm um 1436 wiederaufgebaut wurde. Das romanische Mauerwerk wurde dabei im Westen vollständig bis an die Traufe und an einem Teil der Südwand erhalten. An dieser Stelle, im Bereich des ursprünglichen Chors, wurden nun eine romanische Priesterpforte mit Dreiviertel-Rundstab und Würfelkapitell sowie ein monolithisches Rundbogenfenster freigelegt. Es stellte sich heraus, dass beim Wiederaufbau des Turmes nicht nur – soweit möglich – die alte Bausubstanz und die Kubatur übernommen wurde, sondern auch Werksteine und Architekturelemente des romanischen Vorgängerbaus an verschiedenen Stellen wiedereingesetzt wurden. Den Innenraum des Chores hatte man allerdings neugestaltet. Er erhielt ein Kreuzrippengewölbe mit aufwendigen Malereien, die das Martyrium des Hl. Stephan zeigen. Die Süd- und die Nordwand wurden mit Segmentbögen abgefangen, die Priesterpforte vermauert.

Wieso jedoch die Glocke die Inschrift „1428“ trägt und die aufwendigen Ecktürmchen erst 1476, wie eine ältere dendrochronologische Untersuchung belegt, folgten, kann derzeit bauhistorisch nicht geklärt werden.

Weitere Veränderungen am Chor datieren in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, die eventuell im Zusammenhang mit der Einführung der Reformation durch die Ritter von Schwarzenberg stehen. So wurde u. a. eine zweite Pforte in die Südwand des Chores eingefügt und wahrscheinlich der Innenraum umgestaltet. Spätestens 1790/1791, als das baufällige Langhaus erneuert und der Chor vom Turm ins Langhaus verlegt wurde, vermauerte man auch diese Pforte. Die zuvor im Langhaus aufgestellten Grabplatten, die überwiegend den Rittern von Schwarzenberg zuzuordnen sind, wurden nun in den ehemaligen Chor im Turm transferiert und im Osten – an jener Stelle, an der einst der Altar gestanden hat – wurde ein neuer Zugang geschaffen. Die romanische Priesterpforte geriet über all diese Veränderungen in Vergessenheit, deren Wiederentdeckung den neuen Erkenntnissen zur Baugeschichte des Chorturms von St. Stephan in Hennweiler zu verdanken ist.

Jutta Hundhausen
Bauforschung

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