Einer Verkettung glücklicher Umstände ist es zu verdanken, dass eine verloren geglaubte Sofabank aus dem ehemaligen Besitz des preußischen Prinzen Friedrich auf Burg Rheinstein vom Land wieder erworben werden konnte. Prinz Friedrich (1794–1863) war der Cousin von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und der erste, der ab 1823 eine Rheinburg zu Wohnzwecken ausbauten ließ. Sein „Rheinstein“ bei Trechtingshausen wurde damit zum Vorbild für zahlreiche weitere, vom Geist der Romantik geprägte Ruinenausbauten am Mittelrhein.
Für sein neues Domizil wünschte sich der Prinz: Einen großen Waffensaal und so viel Zimmerchen als möglich […], damit man noch abends sich dort aufhalten kann. Die Einrichtung der „Zimmerchen“ war ausgesprochen vielfältig und umfangreich. Es gab einerseits Gegenstände, zu denen Friedrich eine persönliche Beziehung hatte, und andererseits historische sowie zeitgenössische Rüstungen und Militaria, denn der Bauherr war ein angesehener Offizier der preußischen Armee. Darüber hinaus erwarb er auch Objekte mit direktem Bezug zur Burg Rheinstein und ihrer Geschichte sowie Einrichtungsgegenstände, die mit der allgemeinen Vorstellung vom Mittelalter verbunden waren und zur Umgebung passend erschienen, darunter viele historische, aber auch zeitgenössische Möbel im damals modernen neugotischen Stil.
Einige dieser Objekte waren Geschenke von Familienmitgliedern oder befreundeten Adligen, so auch die jetzt neu erworbene neugotische Sofabank, die in einem Inventar von 1840 erwähnt wird: gotische Holzbank mit Tapisserie und Geschenk der Gräfin Schladen, möglicherweise Gattin des 1813 geadelten preußischen Diplomaten Leopold von Schladen.
Das Möbel aus Eichenholz besitzt vier leicht ausgestellte, säulenartige Beine, die Zarge ist mit einem Maßwerkfries verziert, während die hohen Seitenlehnen aus durchbrochenem neugotischem Maßwerk bestehen. Sitzfläche und Rückseite sind gepolstert. In der Mitte ist diese überhöht und mit dem großen und reich gestickten preußischen Wappen versehen. Der ursprünglich kastenförmige und vermutlich blaue Bezug ist vor einiger Zeit erneuert worden. Trotz der hohen Qualität des Möbels ist es bislang nicht gelungen, den Entwerfer eindeutig zu identifizieren, vielleicht könnte es Johann Claudius von Lassaulx gewesen sein. Als Ausführender käme vielleicht die Werkstatt Vetter in Neuwied in Frage, die auch häufig Möbelstücke für Schloss Stolzenfels gefertigt hat.
Bis 1974 befand sich die Sofabank zusammen mit der übrigen, fast vollständig erhaltenen Ausstattung auf Burg Rheinstein. Die letzte Nachfahrin des Prinzen Friedrich veräußerte die Burg damals an einen englischen Antiquitätenhändler, der fast das gesamte Inventar verkaufte, bevor der Eigentumswechsel ganz vollzogen war. Damit war eine der hochwertigsten Ausstattungsensembles der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz unwiederbringlich in alle Winde zerstreut. Neue Eigentümer erwarben die Burg, die in der Folge u. a. mit Leihgaben aus Schloss Stolzenfels ausgestattet wurde, sodass das öffentlich zugängliche Innere heute die Anmutung der ursprünglichen Ausstattung zeigt.
Als im Kunsthandel 2020 eine neugotische Sofabank angeboten wurde, stellte sich schnell heraus, dass es sich um jene aus Rheinstein handelt. Das Inventar der Burg von 1840, Beschreibungen in der Literatur und historische Ansichten der Innenräume belegen eindeutig die Provenienz des Möbels. Die einmalige Chance zum Ankauf konnte erfreulicherweise durch die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz genutzt werden. Zwar ist noch eine Restaurierung erforderlich, danach aber soll das wertvolle Stück als Leihgabe wieder an seinen ursprünglichen Aufstellungsort auf Burg Rheinstein zurückkehren.
Dr. Maria Wenzel
Praktische Denkmalpflege