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Backofen auf Burg Schwalbach

Burg Schwalbach, eine bedeutende katzenelnbogische Burgruine im gleichnamigen Ort Burgschwalbach (Rhein-Lahn-Kreis) wird derzeit umfassend durch das Land Rheinland-Pfalz als heutige Eigentümerin instandgesetzt.
Burg Schwalbach oberhalb von Burgschwalbach, 2018 © Jutta Hundhausen
Burg Schwalbach oberhalb von Burgschwalbach, 2018 © Jutta Hundhausen
Der Backofen von oben. Vom Arbeitsraum hinter der Mauer links im Bild die frühere Beschickung des Ofens, heute abgemauert  © Jutta Hundhausen
Der Backofen von oben. Vom Arbeitsraum hinter der Mauer links im Bild die frühere Beschickung des Ofens, heute abgemauert © Jutta Hundhausen
Backofen und hoch gelegener, bauzeitlicher Zugang zu Schildmauer und Bergfried © Jutta Hundhausen
Backofen und hoch gelegener, bauzeitlicher Zugang zu Schildmauer und Bergfried © Jutta Hundhausen

Die Arbeiten werden kontinuierlich durch bauhistorische Untersuchungen begleitet. Dabei ist in der Kernburg ein bislang unbekannter Backofen entdeckt worden, der sich in außergewöhnlich gutem Erhaltungszustand zeigt, wenngleich er im Laufe der Zeit seine Kuppel verloren hat. Bisher deutete nur die aus einem Protokoll von 1919 erwähnte Bezeichnung als „Backstube“ auf die frühere Funktion des Raumes hin, die tatsächliche Existenz eines Backofens war jedoch nicht überliefert, zumal hier mitten im Raum - nach heutiger Kenntnis über dem Backofen - eine Treppe lag, die wohl noch im 19.Jh. für die touristische Erschließung der Burg eingebaut worden war.

Der Backofen liegt innerhalb der Kernburg im östlichen Nebengebäude und bildete zusammen mit einem vorgeschalteten Arbeitsraum und einem Anlieferungs- bzw. Erschließungsraum regelrecht ein Backhaus aus, das gegenüber der Burgküche lag. Beide - Küche und Backhaus - sind mit feuersicheren Gewölben überspannt, denn darüber erhoben sich einst zu großen Teilen aus Holz bestehende obere Stockwerke.

Von dem runden Backofen haben sich der Unterbau und die immer wieder erneuerten Backplatten erhalten. Die Ofenkuppel selbst ist verloren und wurde spätestens beim Einbau einer Treppe im Raum entfernt. Bruchstücke von gelochten und verrußten Steinen, die gefunden wurden, dürften noch auf Lüftungsöffnungen der Kuppel zurückzuführen sein. Festgestellt werden konnte, dass sich zwei übereinanderliegende Öfen hier befinden. Ein älterer, noch auf ein abgetieftes Bodenniveau bezogener, größerer Ofen und eine Erneuerung in kleinerer, aber höherer Form, der sich in etwa auf das heutige Bodenniveau, und damit das Erdgeschossniveau bezogen haben muss. Die Öffnung der Ofenkuppel lag zum Nachbarraum, dem mittleren Gewölbejoch hin, von dem aus der Ofen beschickt wurde. Die einst offenen Bögen der Zwischenwände sind heute vermauert. Die Auffüllung des nahe gelegenen, nun ebenfalls neu entdeckten Kellerraums im südlichen Gewölbejoch, dem Erschließungsraum des Gebäudes, enthält auffällige Brand- bzw. Rußspuren. Es ist durchaus möglich, dass es sich dabei nicht um den Schutt eines Gebäudebrandes handelt, sondern um die für den Umbau des Ofens abgebrochene Kuppel des Vorgängerbackofens. Sollten hier in Zukunft archäologische Grabungen durch die Landesarchäologie notwendig werden, könnte der Gesamtzusammenhang des Backofens noch weiter geklärt werden.

Bauzeitlich lag im Bereich des späteren Backofenraumes der hoch gelegene Zugang zu einer innerhalb der Schildmauer gelegenen Treppe, die zum Hocheingang des Bergfrieds führte. Auch nach dem Einbau des Backofens wurde dieser Zugang respektiert und weiter genutzt, was sich an einem schmalen Gang zwischen Ofen und Bergfried ablesen lässt. Eine Treppe muss dann hinter bzw. über die Ofenkuppel geführt haben.

Aufgrund der vorgefundenen Keramik stammt der Backofen aus dem 15./16.Jh. und wurde im 17.Jh. umfassend verändert. Nach Aufgabe der Burg 1737 wird der Ofen – dem Fundgut folgend – noch bis Anfang des 19.Jh. weiter genutzt, obwohl die Burg nun von einem Zeitgenossen wegen ihres schlechten Erhaltungszustands als „Mördergrube“ bezeichnet wird. Weil auch nach Aufgabe der eigentlichen Burg als Amtssitz der Westbau und die umgebaute Kapelle als Fruchtspeicher dienten, war weiterhin ein Burgwächter im Torhaus ansässig, der den Backofen der früheren Herrschaft in der Kernburg nun für sich nutzte.

Auch wenn damit nach bisherigem Forschungsstand ein Backofen für Burg Schwalbach erst ab dem 15./16. Jahrhundert nachzuweisen ist, sollte man doch davon ausgehen können, dass sie schon im letzten Drittel des 14.Jh. unter Graf Eberhard V. von Katzenelnbogen (+1402) über einen Backofen verfügte. Er dürfte zur Grundausstattung einer katzenelnbogischen Burg gehört haben, zumal Burg Schwalbach von und für Graf Eberhard persönlich konzipiert war. Archivalisch lassen sich Backöfen oder Backhäuser auf anderen katzenelnbogischen Burgen ab 1401 (Darmstadt) und vor 1437/38 (Rheinfels) nachweisen. Ein Hofbäcker wird auf Burg Schwalbach unter Gräfin Erika von Isenburg-Birstein (1594-1628) erwähnt. Auch ihr zuzuschreiben ist die Einrichtung eines im Inventar von 1628 so genannten „Milchgewölbes“. Dabei handelt es sich um einen kühlen Vorratsraum für Milchprodukte, der 1616 oder kurz darauf (1615/16 dendrochronologisch datiert) im untersten Raum des Bergfrieds („Verlies“) durch ein niedrigeres Gewölbe abgeteilt und durch eine erst dann eingebrochene Tür vom Hof aus zugänglich gemacht wurde. Durch dieses Konglomerat von Burgküche, Vorratsraum und Backhaus rund um den inneren Burghof und in direkter Nähe zum Palas werden Versorgung und Alltagsleben auf Burg Schwalbach wieder lebendig vorstellbar.

Bauforschung im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz (LBB Niederlassung Diez): Jutta Hundhausen, Büro für Bauforschung, Mainz, hier in Zusammenarbeit mit Claudia Binder, Mannheim, Achim Wendt, Büro BDK Heidelberg, und  der Landesarchäologie Koblenz.

Text: Jutta Hundhausen

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