| Tatort Altbau

14. Tatort Altbau. Zur Barrierefreiheit im Baudenkmal

Barrierefreiheit und Denkmalschutz bilden ein schwieriges Begriffspaar. Beide stellen Gemeinwohlaufgaben von hohem Rang dar, die beim Umbau von Kulturdenkmälern gleichermaßen zu berücksichtigen sind.
„Barrierefreie Erschließung der prot. Pfarrkirche in Freinsheim, Pfalz © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
„Barrierefreie Erschließung der prot. Pfarrkirche in Freinsheim, Pfalz © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn

Dies war Thema des gut besuchten 14. „Tatort Altbau“ am 29.6.2017 im Landesmuseum Mainz, der wie immer von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, der Handwerkskammer Koblenz und der Direktion Landesdenkmalpflege veranstaltet wurde. Der Ort für das Weiterbildungsangebot war Teil des Programms, gehörte doch die barrierefreie Erschließung des Landesmuseums zu den wichtigen Zielen beim Umbau des ehem. kurfürstlichen Marstalls 2002-2009; Berichte und eine Führung zur Ausbauplanung und zum Museumskonzept, das nicht nur Mobilitätseinschränkungen, sondern auch Seh- und Hörbehinderungen berücksichtigt, nahmen darauf Bezug (Felix Jourdan, Architekt, Frankfurt a.M., Dr. Birgit Heide und Ursula Wallbrecher, Landesmuseum Mainz).

Die gleichberechtigte Zugänglichkeit von kulturellen Stätten und Kulturdenkmälern ist eine der Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006. Auch das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetz verlangt die Barrierefreiheit für öffentlich zugängliche Kulturdenkmäler „im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren, soweit dies mit Eigenart und Bedeutung des jeweiligen Kulturdenkmals vereinbar ist“ (§ 15 DSchG). Um dies zu erreichen, sind bei historischen Bauten häufig bauliche Veränderungen erforderlich, die in Substanz und Erscheinungsbild der Denkmäler eingreifen. Sie sind daher mit besonderem Einfühlungsvermögen umzusetzen, soll nicht das beeinträchtigt werden, was für alle Besucher den Wert und die Attraktivität eines Denkmals ausmacht.

In den Vorträgen wurde das Thema von unterschiedlichen Seiten beleuchtet, angefangen bei den baurechtlichen Rahmenbedingungen (Felix Reuther, Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord) über die Perspektive der Denkmalpflege (Dr. Markus Fritz-von Preuschen, Landesdenkmalpflege Rheinland-Pfalz) und der verschiedenen Nutzer (Norbert Hook, Landesberatungsstelle Barrierefrei Bauen und Wohnen sowie Rolf Sondershaus, Behindertenverband Leipzig e.V.) bis zu technischen Lösungsmöglichkeiten (Dr. Constanze Küsel, Handwerkskammer Koblenz) und planerischen Aspekten (Ursula Fuss, Architektin, Frankfurt a.M.). Dabei zeigte sich, dass die bloße Umsetzung genereller Normen der Vielfalt der Bedürfnisse und Erwartungen sowie den spezifischen Anforderungen des Kulturdenkmals nur selten gerecht wird. Dagegen lassen die Vorschriften oft Spielräume für gleichwertige Alternativen. Gefragt sind individuelle Lösungen, die die Eigenart der Denkmäler und der lokalen Topographie berücksichtigen. Werden Barrierefreiheit und Denkmalschutz bereits frühzeitig in der Gesamtplanung berücksichtigt, kommt man in der Regel zu funktionell und gestalterisch gelungenen Ergebnissen. Eine barrierefreie Erschließung im Kulturdenkmal vermag vor allem dann zu überzeugen, wenn sie sich wie selbstverständlich einfügt und von Menschen mit und ohne Behinderung zugleich genutzt wird.

Georg Peter Karn

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