Im Norden des Landkreises Südliche Weinstraße, nahe dem Pfälzerwald und umgeben von Weinbergen, liegt das kleine Dorf Kirrweiler. Sein historischer Ortskern ist als Denkmalzone geschützt. Die einzelnen Bestandteile, wie Gebäude, Ortsgrundriss und Baudetails, zeichnen ein lebendiges Bild der jahrhundertealten Orts- und Baugeschichte.
In den historischen Quellen tritt Kirrweiler erstmals im 13. Jahrhundert auf. Doch darf man davon ausgehen, dass der Ort noch viel älter ist, denn die Namensendung „-weiler“ deutet auf eine Entstehung als fränkische Hofanlage zur Zeit der Karolinger im 8. oder 9. Jahrhundert hin. Dabei könnte die Vorsilbe „Kirr-“ auf eine Siedlung bei einer Kirche hinweisen. Noch heute hat das Kirchenareal mit der katholischen Pfarrkirche, dem angrenzendem Kirchgarten und Pfarrhof sowie dem ehemaligen Rathaus die Bedeutung eines funktionalen Zentrums und bildet eine städtebauliche Ortsdominante. Um diesen Kernbereich herum entwickelte sich die Dorfbebauung mit einem charakteristischen Ortsgrundriss, der über Jahrhunderte unverändert geblieben ist. Lage und Struktur der Straßen und Grundstücke wurden stark von einer mittelalterlichen Burganlage beeinflusst. Ort und Burg lagen im Herrschaftsgebiet des Hochstifts Speyer und dienten ab dem 16. Jahrhundert als Oberamtssitz des Speyerer Bistums, wodurch die Burg überregionale Bedeutung erlangte und schließlich zu einer umfangreichen Schlossanlage ausgebaut wurde. Im Ort siedelten sich neben Winzern auch viele Handwerker, Gastwirte und Beamte an, deren Gebäude noch heute stark das Ortsbild prägen.
Schlossanlage und Ortsbebauung umgab einst ein Befestigungsring mit schützenden Wassergräben, Mauern, Türmen und Toren. Nach der Säkularisierung im frühen 19. Jahrhundert verloren Schloss und Ortsbefestigung ihre Funktion und wurden nach und nach abgebrochen. Heute sind nur noch wenige Reste erhalten, die jedoch den historischen Ortsrand Kirrweilers markieren und prägen. Auch im Ortsgrundriss ist der Verlauf der ehemaligen Befestigungsmauer noch gut ablesbar. Das charakteristische Straßenbild zeigt Hofanlagen des 16. bis 19. Jahrhunderts, die sich entlang der Straßen dicht aneinanderreihen und geschlossene Fassadenabwicklungen bilden. Ortsbildprägend sind dabei vor allem Winzer- und Handwerkerhäuser, die meist mit Bauformen des 18. und 19. Jahrhunderts in Erscheinung treten. Häufig zu entdecken sind in Traufstellung zur Straße gerichtete Putzfassaden mit sandsteinernen Fassadengliederungen und Hofeinfahrten mit sandsteinernen Torbögen. Darüber hinaus sind kleinere Details wie Hauszeichen und Nischenfiguren für die Denkmalzone konstituierend.
Bei der Projekt-Präsentation in Kirrweiler erhielten die Vertreter und Vertreterinnen der Ortsgemeinde, der lokalen Tourist-Information sowie der Kreisverwaltung einen Einblick in die Untersuchungsergebnisse der Nachqualifizierung. Diese beschreiben detailliert die prägenden Elemente des Orts- und Straßenbildes der Denkmalzone. Die Ausführungen unterstützen die denkmalpflegerische und planerische Arbeit in den Denkmalzonen und dienen als wissenschaftliche Grundlage zur denkmalpflegerischen Bewertung möglicher Baumaßnahmen und Veränderungen an Fassaden, Einzelgebäuden und der Ortsstruktur. Auch Eigentümer der Gebäude innerhalb der Denkmalzone können die Projektergebnisse, die auf der Website der Landesdenkmalpflege einsehbar sind, bei der Vorbereitung und Planung baulicher Maßnahmen zu Rate ziehen. Ein sachgerechter Umgang mit der historischen Substanz wird somit erleichtert und eine denkmalgerechte städtebauliche Entwicklung der Gemeinde gefördert.
Die Nachqualifizierung der Denkmalzone bietet außerdem noch Anregungen für die weitere, notwendige Erforschung der Orts- und Baugeschichte Kirrweilers. An dieser besteht aktuell ein großes Interesse, da Kirrweiler für das Jahr 2021 als Modellgemeinde für KuLaDig, das digitale „Informationssystem über die historische Kulturlandschaft und das landschaftliche Kulturelle Erbe“ in Deutschland, ausgewählt wurde. Entsprechend erfreulich ist es, dass seit diesem Jahr auch die Ergebnisse des Projektes „Systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz“ im Zuge einer Kooperation der Direktion Landesdenkmalpflege mit KuLaDig Eingang in dieses Portal gefunden haben und in Zukunft einen Teil zur Wissenssammlung und -verbreitung im KuLaDig beisteuern werden.
Lucy Liebe
Inventarisation, Projekt Nachqualifizierung der Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz