| Nachruf

Friedrich Wilhelm Riedel (1929–2020)

Am 10. September 2020 verstarb im Alter von 90 Jahren Universitätsprofessor Dr. Friedrich Wilhelm Riedel.
Univ.-Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Riedel
Univ.-Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Riedel

Friedrich Wilhelm Riedel, geboren am 24. Oktober 1929 in Cuxhaven, absolvierte eine kirchenmusikalische Ausbildung in Lübeck. Es folgte ein Studium der Musikwissenschaften, Mittleren und Neueren Geschichte sowie Liturgiewissenschaft in Kiel. Nach seiner Promotion 1957 war er rund 30 Jahre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig, zunächst als Assistent, nach seiner Habilitation seit 1971 bis zur Emeritierung 1995 als Professor. Intensiv widmete er sich der Geschichte der geistlichen Musik. Zu seinen Schwerpunkten gehörte die Orgelmusik im süddeutschen und österreichischen Raum. Riedel war Mitglied in zahlreichen einschlägigen Fachgremien. Er gründete 1984 an der Universität Mainz eine Forschungsstelle für Orgelkunde, Ausdruck seines umfassenden wissenschaftlichen Anspruchs, der auch die Instrumentenkunde einschloss. Von 1978 bis 2004 nahm er mit außerordentlichem Engagement das Amt des ehrenamtlichen Orgel-Sachverständigen des Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz wahr. Zu seinen Aufgaben gehörte neben der Beratung der Gebietskonservatoren die kritische Begleitung und Kommentierung von Restaurierungskonzepten historischer Orgeln sowie die Betreuung der Maßnahmen selbst. Aufgrund seines Fachwissens gelang es den Umgang mit historischen Instrumenten grundlegend zu verbessern. An die Stelle von Neubau und Teilerneuerung traten eine neue Wertschätzung der Originalsubstanz, die Rekonstruktion verlorener Teile und die Erhaltung bzw. Wiederherstellung des ursprünglichen, authentischen Klangbildes. Hierzu gehörte unter anderem die traditionelle Windzuführung an Stelle elektrischer Gebläse. In einem umfassenden Beitrag mit dem Titel Konservierung, Restaurierung, Rekonstruktion als Probleme der Orgeldenkmalpflege (Jahresberichte der Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz, 1982/1983, S. 146–152) legte Riedel seine Grundsätze dar. Von der intensiven Tätigkeit Riedels zeugen ungezählte gutachterliche Stellungnahmen für die Landesdenkmalpflege. Auch eine umfangreiche Sammlung von Aufsätzen zur Orgelkunde bei der Direktion Landesdenkmalpflege geht auf ihn zurück.

Seine Aktivitäten in der reichen Orgellandschaft von Rheinland-Pfalz reichten von der Wartung und Pflege der Instrumente bis hin zur Bergung und Rettung gefährdeter Orgeln. So machte er beispielsweise Jahrzehnte lang aufmerksam auf die dringend notwendige Restaurierung der Orgel von St. Ignaz, der größten und bedeutendsten historischen Orgel in Mainz (Bernhard Dreymann 1837). Die fachgerechte Restaurierung konnte im Zuge der Gesamtinstandsetzung Ende 2019 durchgeführt werden. Unermüdlich bemühte sich Riedel um Fortbildung in Orgelkunde für Wissenschaftler, aber auch Laien. Höhepunkt dieser Aktivitäten war eine Ausstellung im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz (1992/1993) unter dem Titel „Die Orgel als sakrales Kunstwerk“, zu der er einen der wissenschaftlichen Begleitbände verfasste. Im Zuge der Vorbereitung der Ausstellung konnten zudem verschiedene historische Instrumente gerettet und wiederhergestellt werden, darunter die Kohlhaas-Orgel (1747) in Budenheim, die inzwischen wieder am ursprünglichen Ort steht.

Friedrich Wilhelm Riedel war ein in Fachkreisen und weit darüber hinaus geschätzter und im Umgang liebenswerter Kollege, der aber auch deutliche Worte fand, wenn es darum ging, Schaden von historischen Orgeln abzuwenden. Er gehörte zweifellos zu den Pionieren der modernen Orgeldenkmalpflege, dem es gelungen ist, bei der Orgelrestaurierung neue Maßstäbe zu setzen und verbesserte Standards einzuführen. Für die rheinland-pfälzische Denkmalpflege wird sein Wirken immer gegenwärtig sein.

Dr. Joachim Glatz

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