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Kunst in der „Kanzlersauna“
Ludwigshafen, Hallenbad Nord, Mosaik mit den Elementen Wasser und Luft © Claudia Gerner-Beuerle, GDKE, Landesdenkmalpflege
Ludwigshafen, Hallenbad Nord, Saunabereich, Moasik mit den Elementen Feuer und Erde © Claudia Gerner-Beuerle, GDKE, Landesdenkmalpflege
Detailaufnahme eines Fisches aud der Darstellung des Elementes "Wasser" © Claudia Gerner-Beuerle, GDKE, Landesdenkmalpflege
von Claudia Gerner-Beuerle
Aufwendige Wandgestaltungen aus Naturstein mit intarsierten Mosaiken gehören zur Ausstattung des ehemaligen Hallenbads Nord in Ludwigshafen, einem der eindrucksvollsten Schwimmbadbauten der Nachkriegsmoderne von Rheinland-Pfalz.
Die Wandbilder mit der Darstellung der vier Elemente Wasser, Luft, Feuer und Erde in der Abteilung Hydrotherapie wurden 1956 von Rolf Müller-Landau geschaffen. Müller-Landau (1903–1956) gilt als einer der bedeutendsten Künstler nach 1945 im Südwesten Deutschlands und war zudem Mitbegründer der Künstlergruppe Pfälzer Sezession. Eigens für die Sauna in Ludwigshafen entwarf er die Motive, die die bayerische Hofkunstanstalt als Mosaiken realisierte. Da der ehem. Bundeskanzler Helmut Kohl als gebürtiger Ludwigshafener die Sauna des Hallenbades regelmäßig und gerne nutzte, wird sie im Volksmund auch „die Kanzlersauna“ genannt.
Insgesamt ist das Schwimmbad, das von dem Architekten Prof. Heinrich Schmitt als Vierflügelanlage mit begrüntem Innenhof konzipiert wurde, ein echter „Hochkaräter“. Die leichte, großzügige und lichtdurchflutete Anlage besticht durch ihre bis ins kleinste Detail sowohl funktional als auch in ästhetischer Hinsicht wohldurchdachte Organisation und Gestaltung. Außer der Schwimmhalle wurden alle anderen Gebäudeteile als Stahlbetonkonstruktion mit Rippendecken ausgeführt. Die Auswahl der zur Anwendung gekommenen Materialien – Glas, Stahl, Klinkersteine, Naturstein und Fliesen – als auch das Farb- und Lichtkonzept des Baus bewirken ein schlichtes aber elegantes Erscheinungsbild und erzeugen den Eindruck zeitloser Modernität.
2001 musste das Bad jedoch aufgrund von gestiegenen Hygieneanforderungen und veralteter Technik schließen und stand schließlich über ein Jahrzehnt leer. Erst im Jahre 2015 fand sich ein neues Nutzungskonzept für das große Becken der Schwimmhalle. Seither dient es als Löschwasserreservoir für das nahe gelegene Müllheizkraftwerk. Die verbleibenden Gebäudeflügel wurden später durch die Technischen Werke Ludwigshafen erworben, die bereits einen Großteil der Flächen erfolgreich als Existenzgründerzentrum nutzen. Das seit 2009 unter Denkmalschutz stehende Bauwerk wurde im Zuge der Umsetzung des neuen Nutzungskonzeptes sukzessive saniert. Als letzter Bauabschnitt ist derzeit der ehemalige Saunaflügel in Arbeit, der auch die Konservierung der Mosaikwandbilder einschließen soll. Die Natursteinplatten aus gräulich-grünem Fossilkalkstein sowie die farbig intarsierten Mosaikmotive entwickelten durch den jahrzehntelangen Einfluss chlorhaltiger Luft, durch Spritzwasser und Reinigungsmittel mikro-raue Oberflächen. Insbesondere im unteren Drittel der Wandbilder zeigen sich deutliche Kalkkrusten oder Grauschleier. Vereinzelt ist es im Stein-, aber auch im Mörtel der Mosaiksteine zu Rissen und Brüchen gekommen. Infolge der Korrosion der Aufhängungsdorne sind Ausbrüche und gravierendere Schäden im inhomogenen Gestein der Natursteinplatten zu verzeichnen und vereinzelt fehlen innerhalb der Bildmotive Glasmosaiksteine. Die Konservierungsmaßnahme befindet sich aktuell in der Planungsphase und soll möglichst zeitnah erfolgen.
Es bleibt zu hoffen, dass diese künstlerisch sehr qualitätvolle Wanddekoration in der typischen, leicht abstrahierten Formensprache der 50er Jahre, die ursprünglich als Kunst im öffentlichen Raum für eine breite Öffentlichkeit gedacht war, nach den Restaurierungsarbeiten wieder für interessierte Bürger zugänglich sein wird.
Die Restaurierung der Klosterkirche Kamp-Bornhofen – Barocker Glanz für den Kirchenraum
Kamp-Bornhofen, Klosterkirche nach Fertigstellung der Restaurierungsarbeiten, Blick nach Westen © Katinka Häret-Krug, GDKE, Landesdenkmalpflege
Klosterkirche vor der Restaurierung © Stefan Klöckner, Biebergemünd
Gnadenkapelle, Stuckaturen © Katinka Häret-Krug, GDKE, Landesdenkmalpflege
von Katinka Häret-Krug
Verrußt und dunkel präsentierte sich der Innenraum der Klosterkirche in Kamp-Bornhofen. Abertausende von Opferlichtern hatten die Wandoberflächen der Wallfahrtskirche im Laufe der Jahre ziemlich unansehnlich werden lassen. Um das Erscheinungsbild aufzufrischen, entschieden sich der Franziskanerkonvent als Nutzer sowie die kirchliche und staatliche Denkmalpflege für eine Restaurierung.
Die zu Ende des 14. Jahrhunderts errichtete zweischiffige Halle folgt einem eher ungewöhnlichen, im Moselraum sowie am Mittelrhein jedoch verbreiteten Bautypus. 1435 wurde die Kirche – wie eine heute verloren gegangene Inschrift besagte – vermutlich vollendet. Änderungen an der gotischen Raumgestalt erfolgten im Barock, nachdem der Trierer Erzbischof Johann Hugo von Orsbeck 1679 Kapuziner zur Betreuung der in Kamp-Bornhofen beheimateten Marienwallfahrt berufen hatte. Im Jahr 1687 wurden die Gnadenkapelle an der Nordseite angebaut und im Kirchenschiff große, in Stuck ausgeführte, von Laub umkränzte Schlusssteine in den Gewölbescheiteln eingebracht. Ein Großbrand, der 1949 den historischen Dachstuhl der Kirche und weite Teile der Klostergewölbe vernichtete, hatte zum großen Glück keine erheblichen Auswirkungen auf den Innenraum.
Bei der letzten Restaurierung im Jahr 1984 erhielt der Innenraum eine farbige Fassung in gebrochenem Weiß für die Wände sowie Sandsteinrot für die Architekturgliederung. Man hielt dies damals für die barocke Fassung. Die jetzige Restaurierung, die durch eine restauratorische Befunduntersuchung vorbereitet wurde, brachte aber eine vollkommen anders geartete Farbigkeit zum Vorschein. In den Fenstergewänden und hinter dem Altar konnten Fassungsreste gefunden werden, die belegen, dass die Kirche im Barock zwar gebrochen weiße Wände hatte. Die Architekturgliederung mit den Gewölberippen, Schlusssteinen und Fenstergewänden wies jedoch einen kräftigen blauen Farbton auf, der passend durch einen Grauton akzentuiert wurde. Es konnte zudem restauratorisch nachgewiesen werden, dass die Laubkränze der Schlusssteine teilversilbert waren.
Die neuen restauratorischen Ergebnisse überzeugten alle am Projekt Beteiligten direkt davon, dass eine angemessene Neufassung nur in dieser prächtigen Farbgebung erfolgen konnte. Der bislang düstere Kirchenraum erstrahlt heute hell in Weiß, Blau und Grau und vermittelt so den Eindruck des festlichen barocken Charakters, der die Gläubigen als Ziel der Wallfahrt und während des Gottesdienstes nun wieder umfängt.
Die 1687 nördlich an die Kirche angebaute Gnadenkapelle wurde im Zuge der Maßnahme ebenfalls restauriert. Auch hier erfolgte zuerst eine Befunduntersuchung. Unter vielen Farbschichten kam desgleichen die Ursprungsfassung des späten 17. Jahrhunderts zum Vorschein. Die bislang in teilweise „schreienden“ Farben gefassten Stuckaturen waren ursprünglich weiß und nur dezent mit Gold abgesetzt. Auch in diesem Fall fiel die Entscheidung für die Rekonstruktion der bauzeitlichen Farbigkeit. Während der Freilegung wurde schließlich sichtbar, welch außerordentliche Qualität die Stuckaturen der beiden Künstler Nicolao Carcano und Francesco Rezio aus dem Jahr 1687 haben, die beide unter anderem auch in Ehrenbreitstein tätig waren. Die feinen und trotzdem sehr plastischen Stuckarbeiten waren durch die vielen Farbschichten der vergangenen Jahrhunderte regelrecht zugekleistert gewesen. Durch die Freilegung haben sie, wie die gesamte Kirche, wieder ihre barocke Strahlkraft und Eleganz erhalten.
Neue Erkenntnisse zur Baugeschichte der Burg Wernerseck bei Ochtendung
Burg Wernerseck, Gesamtansicht © Georg Peter Karn, GDKE, Landesdenkmalpflege
Schießscharte mit rechteckiger Eintiefung, die zur Aufnahme eines Widerlagerholzes für Feuerwaffen diente © Büro für Historische Bauforschung Frank und Mielke, 2017
Machtanspruch und Zeitenwende
von Esther Klinkner, GDKE, Landesdenkmalpflege, Praktische Denkmalpflege
Von Autobahn, Gewerbegebieten und Gesteinsabbau umgeben, ragt zwischen Ochtendung und Plaidt die Burgruine Wernerseck hoch über einer Schleife des Nettebachs auf. Dominiert von einem mächtigen und gut erhaltenen, viergeschossigen Wohnturm sowie einer hoch aufragenden Ringmauer thront sie hier auf einem steilen Felssporn. Bis heute birgt ihre Geschichte aber noch viele Geheimisse.
Im Rahmen der jüngst erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen konnten nun aber durch das Bauforscherbüro Frank & Mielke aufschlussreiche neue Erkenntnisse zur Baugeschichte gewonnen werden, die mithilfe dendrochronologischer Altersbestimmungen von Gerüsthölzern die bisher angenommene Bauzeit sowie die Bauphasen präzisieren.
Die Errichtung der Burganlage wird dem Trierer Erzbischof Werner von Falkenstein (1388–1418) zugeschrieben, welcher in heftiger Rivalität zum benachbarten Kölner Erzbischof stand. Die Fertigstellung des Bergfrieds konnte auf 1394 datiert werden. Allerdings ist der ausgewählte Bauplatz ungewöhnlich. Die schmale Landzunge, die hoch über dem Bachtal aufragt, wurde nicht wie üblicherweise am höchsten Punkt bebaut, sondern etwas abgerückt an einer tiefergelegenen Engstelle.
In einer zweiten Bauphase wurde 1408 der östliche Teil der mächtigen Ringmauer fertiggestellt. Diese richtet sich gegen den heute freien Platz auf der Landzunge. Die neuen Untersuchungen zeigen im nördlichen Bereich auf der Feldseite dieser Ringmauer Befunde, die als Vorbereitung zur Errichtung einer Toranlage interpretiert werden können. Da das heute freie Plateau auf der Landzunge nur durch die Burg Wernerseck erreichbar ist, stellt sich die Frage, warum eine so wehrhafte Befestigungsmauer gegen einen nahezu unzugänglichen Platz errichtet wurde. Vorgeschichtliche und spätrömische Siedlungsspuren konnten durch die Direktion Landesarchäologie bereits 2011 auf der Freifläche nachgewiesen werden. Doch was war am Ende des 14. Jahrhunderts? Stand hier womöglich eine andere Anlage? Dies sind Fragen, die bis heute nicht beantworten werden können und so gibt der Bauplatz weiterhin Rätsel auf.
Der Burgplatz war vermutlich bei Baubeginn noch im Besitz des Grafen Ruprecht IV. von Virneburg und soll erst 1402 an Werner von Falkenstein abgetreten worden sein. Ein Rechtsstreit zwischen den Erzbischöfen von Köln und Trier über den Burgneubau entschied sich wahrscheinlich erst im Frühjahr 1409 zugunsten von Werner. Auch wenn Burg Wernerseck als eine der letzten rheinischen Höhenburgen vom Trierer Erzbischof als Grenzfeste begonnen wurde und zur Zementierung seines Machtanspruches gegen den Kölner Erzbischof diente, so ist an ihr eine Zeitenwende ablesbar, die den gesamten Burgenbau fundamental verändern sollte: die Erfindung der Feuerwaffen.
Der süd-östliche Rundturm der Ringmauer, dessen Schießscharten bauzeitlich mit einem Widerlagerholz für den Gebrauch von Handfeuerwaffen ausgestattet waren, wurde ebenfalls im Jahr 1408 errichtet. Die erst aufkommenden Feuerwaffen stellten die High-Tech-Waffen jener Zeit dar, selten und kostspielig, konnte sich nicht jeder diese leisten. Zumal sie neben ihrer Anschaffung auch teure bauliche Anpassungen erforderlich machten. Es ist daher davon auszugehen, dass Erzbischof Werner von Falkenstein, der bereits an anderen Objekten Erfahrung mit Feuerwaffen gesammelt hatte, diese auf Burg Wernerseck gezielt zur Machtdemonstration und Abschreckung einsetzte. Ob dies einen Einfluss auf die Beilegung des Rechtstreits mit seinem Kölner Rivalen im Jahr 1409 hatte, ist reine Mutmaßung.
In weiteren, gut ablesbaren Bauabschnitten wurde die Ringmauer zuerst 1411 und dann 1417 erweitert. Unter der Vielzahl von Funden zeigt insbesondere der Befund an der Mauerkrone der südlichen Ringmauer, trotz allgemeinen Verfalls der Burg, den noch immer guten Erhaltungszustand der Ruine. Neben großen, auskragenden Steinplatten, die Teil des Wehrgangs waren, haben sich hier Reste eines bauzeitlichen Estrichs erhalten.
Der sogenannte Wohn- oder Wirtschaftsbau sowie die Vorburg konnten noch nicht genauer datiert werden.
So wichtig die Burg Wernerseck bei Ihrer Erbauung war, verlor sie doch im Laufe der Zeit an Bedeutung. Die seit 1542 im Besitz der Grafen von Eltz zu Langenau befindliche Anlage verfiel vermutlich ab Mitte des 17. Jahrhunderts.
Burg Wernerseck konnte durch die von 2017 bis 2019 vorbildlich und behutsam durchgeführten Arbeiten für kommende Generationen bewahrt werden. Neben den Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten wurde auch eine dauerhafte Erschließung des Bergfrieds neu geschaffen. Die Arbeiten wurden durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das Denkmalschutzsonderprogramm der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, dem Investitionsstock Förderprogramm des Landes Rheinland-Pfalz sowie durch die Direktion Landesdenkmalpflege der Generaldirektion Kulturelles Erbe gefördert.
Untersuchung und Restaurierung der Außentore von Burg Eltz
Burg Eltz, Eingangsseite mit Haupttor © Georg Peter Karn, GDKE, Landesdenkmalpflege
Innenseitige Rahmenkonstruktion des Haupttors mit verwittertem, oxidroten Anstrich © M. Hammer, GDKE, Landesdenkmalpflege
Außenseite des Haupttors mit Holzergänzungen und rekonstruierten Holznägeln, nach Freilegung und Regenerierung des ursprünglichen, schwarzen Anstriches © M. Hammer, GDKE, Landesdenkmalpflege
von Martin Hammer
Burg Eltz gehört zu den besterhaltenen mittelalterlichen Burganlagen in Rheinland-Pfalz. Bei den seit Jahren laufenden Restaurierungsarbeiten kommt es immer wieder zu Entdeckungen. Nun konnte für eines der Außentore ein überraschend hohes Alter ermittelt werden.
Die Baugeschichte von Burg Eltz reicht bis ins hohe Mittelalter zurück, prägende bauliche Veränderungen wurden zuletzt im 19. Jahrhundert vorgenommen. Von dieser langen Geschichte zeugen auch die vier Außentore, die derzeit restauriert werden.
Zu ihnen zählen das Haupttor und das Moselkerner Tor an den äußeren Zugängen zur Burg. Durch eine Inschrift sind die baugleichen Tore eindeutig auf 1893 zu datieren. Sie beeindrucken durch ihre archaisch wirkenden Eichenholzkonstruktionen mit schweren, geschmiedeten Eisenbeschlägen.
Das Schellentor und das Kläppchentor an den inneren Zugängen zum Burghof weisen noch schlichtere, gröber gearbeitete Konstruktionen auf, ihre Entstehungszeit war bislang unklar.
Die Toranlagen sind in ständiger Nutzung. In der Vergangenheit erfolgten Reparaturen und konstruktive Veränderungen, zuletzt hatten Witterungseinflüsse den Toren aber stark zugesetzt. Insbesondere das Kläppchentor und das Moselkerner Tor befanden sich in einem sehr schlechten Erhaltungszustand und bedurften dringend umfassender Konservierungsmaßnahmen.
Es erfolgte zunächst eine eingehende restauratorische Untersuchung der Tore hinsichtlich ursprünglicher Technologie, späterer Veränderungen, Schadensbildern und Schadensursachen. Mittels Dendrochronologie – einer vergleichenden Analyse gemessener Jahrringkurven – konnte das Schellentor inzwischen auf eine vermutliche Entstehungszeit um 1500(!) datiert werden. Anhand vorgenommener Farbschichtanalysen wurden für die Außentore ursprüngliche, schwarze Anstriche festgestellt. Zusätzliche Informationen konnten über Bildrecherchen gewonnen werden.
Ziel der jetzt durchgeführten Maßnahmen ist die weitgehende Erhaltung der historischen Substanz. Nur wo statisch notwendig, soll abgängiges Material nach Abwägung entfernt und neu ergänzt werden. Historische Veränderungen, Nutzungs- und Alterungsspuren sollen weiterhin ablesbar bleiben. Eine besondere Herausforderung stellt dabei u. a. das Handling der besonders schweren und großen Objekte dar.
Haupttor und Schellentor sind inzwischen fertiggestellt und wieder eingebaut, die Montage des Moselkerner Tors und des Kläppchentors soll in der Besucherfreien Winterpause erfolgen.
Ein einzigartiges Stadtdenkmal nachqualifiziert – Das „Historische Kurbad Bad Ems“ neu in der Denkmalliste
Blick auf das historische Kurbad vom Concordiaturm © D. Krienke, GDKE, Landesdenkmalpflege
Kursaal, Kurbrücke und Uferpromenade © D. Krienke, GDKE, Landesdenkmalpflege
russisch-orthodoxe Kirche, Schloss Balmoral, Villen und Henriettensäule © D. Krienke, GDKE, Landesdenkmalpflege
von Dieter Krienke
Bad Ems präsentiert durch seine prachtvolle Lage an der Lahn und seine anspruchsvollen Bauten eines der eindrücklichsten Stadtbilder in Rheinland-Pfalz. Im Kontext des Welterbeantrags „Great Spas of Europe“ stellte sich heraus, dass eine Nachqualifikation der Flächendenkmäler durchaus zielführend wäre. Denn die sukzessiven Teilausweisungen von Denkmalzonen der letzten Jahrzehnte bildeten die Bedeutung des einzigartigen Stadtdenkmals nur ansatzweise ab.
Die Aktualisierung der Flächendenkmäler hatte die Definition einer einheitlichen Denkmalzone „Historisches Kurbad Bad Ems“ zum Ergebnis. Neu berücksichtigt wurden dabei die grundlegende Relevanz der Lahn für den historischen Stadtraum und jetzt vollumfänglich auch das Villenviertel links des Flusses, ergänzt um Arrondierungen etwa mit Bahnhof und Bohrturm als wichtige Zeugnisse des einstigen Kurwesens. Auf breiter empirischer Grundlage konnte die Denkmalbegründung revidiert und erstmals eine Liste der denkmalbegründenden Elemente erstellt werden.
Der Denkmalwert des erst nassauischen, dann preußischen Kurbades resultiert aus der herausragenden Bedeutung für die europäische Kulturgeschichte des Badewesens, das hier in einer lückenlosen Kontinuität seit dem späten Mittelalter steht. Das „Weltbad“ des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, mit dem sich politische Ereignisse von Tragweite verbinden, zog internationale Persönlichkeiten aus Hochadel und Großbürgertum, aus Politik, Wirtschaft und Kulturleben an. Bad Ems zeigt den Grundriss einer typisch europäischen Kurstadt des 19. Jahrhunderts bei weitgehender Geschlossenheit der Baustruktur des 17. bis frühen 20. Jahrhunderts: Die Stadtgestalt, eingefasst von einer eindrucksvollen Landschaftskulisse, ist somit im Erscheinungsbild der Belle Époque erlebbar geblieben. Als überaus bemerkenswert erweist sich die Ablesbarkeit der Entwicklung des Städtebaus sowie der Konjunkturen des Kurbetriebes. Die flussübergreifenden attraktiven Blickbeziehungen und Sichtachsen, die funktionale bzw. auf ein malerisches Stadtbild im Sinne der Romantik und des Späthistorismus abzielende räumliche Ordnung machen das Kurbad zum hochrangigen Zeugnis des städtebaulichen Gestaltungswillens. Als besondere Höhepunkte präsentieren sich die im Fluss gespiegelte Lahnfront mit Kurgebäuden samt Gärten wie auch die wirkungsvolle Höhenstaffelung der Villen und Sakralbauten dem gegenüber. Die überkommenen Bauten, oft überragender Qualität, ermöglichen die Nachvollziehbarkeit der kunstgeschichtlichen Entwicklung hinsichtlich spezifischer Bautypologie bis hin zu Details und Stilwahl, ebenso des historischen Kurwesens durch Ablesbarkeit der Funktionszusammenhänge (Badebezirk, Flanierräume, Geschäftsstraßen, öffentliche Bauten). Von hohem kulturhistorischen Zeugniswert ist die Sozialtopographie der saisonalen Beherbergung, die sich in der Hierarchie klar definierter Bereiche und Bautypen widerspiegelt: Die prächtigen Hotels liegen rechts der Lahn nächst Kurhaus und Kursaal sowie im Karree am Bahnhof. Beiderseits des Flusses finden sich Logierhäuser in Zeilenbauweise. Davon heben sich die Villenviertel deutlich ab. Konfessionelle und nationale Zusammensetzung des Kurpublikums erschließen sich durch eine stadtbildprägende Sakraltopographie.
Mauerinstandsetzung auf der Zitadelle in Mainz
Mainz, Zitadelle, Gerüst mit weihnachtlichter Beleuchtung © Florian Völkel, Mainz
Mainz, Zitadelle © Georg Peter Karn, GDKE, Landesdenkmalpflege
Traverse 2017–18, Mauerkrone Vorzustand 2017 © Markus Fritz-von Preuschen, GDKE, Landesdenkmalpflege
Die Mainzer Zitadelle gehört zu den bedeutenden barocken Festungsanlagen in Deutschland. Seit 2017 wird an der Instandsetzung ihrer Mauern gearbeitet.
Die regelmäßige Rechteckanlage mit ihren vier Eckbastionen aus Kalkstein- und Sandsteinmauerwerk entstand in ihrer jetzigen Form zwischen 1655 und 1661. Die architektonisch anspruchsvolle rheinseitige Toranlage ist mit der Jahreszahl 1660 bezeichnet und wird dem bekannten italienisch-fränkischen Barockbaumeister Antonio Petrini zugeschrieben. Der palastartige, von Seitenrisaliten eingefasste Kommandantenbau wurde 1696 errichtet und nach Aufstockung 1833 sowie Kriegszerstörung 1950 in seiner ursprünglichen Form als zweigeschossiger Mansarddachbau wiederhergestellt. Die als Denkmalzone geschützte Gesamtanlage wird durch die Zitadellkaserne von 1861, die Doppelkompaniekaserne von 1914 und weitere Bauten aus dem frühen 20. Jahrhundert abgerundet.
Den Auftakt der Gesamtinstandsetzung der Zitadelle, die im Eigentum der Gebäudewirtschaft Mainz steht, bildete 2017/2018 die Musterinstandsetzung der Traverse bei der Bastion Germanikus. Hier wurden die Techniken und Materialien erprobt und die Kosten der Instandsetzung ermittelt. Für die Fugeninstandsetzung entschied man sich letztendlich für das Trockenspritzverfahren mit anschließender Nachreinigung. Hauptpunkt war die Aufgabe, die Belange von Naturschutz und Denkmalschutz zu verbinden, nachdem über Jahre ein für den weiteren Erhalt der Zitadelle kritisches Patt zwischen den konträr vertretenen Anliegen geherrscht hatte. Für die 2019 begonnene schrittweise Regelsanierung weiterer Bauabschnitte wurde letztlich folgendes Vorgehen entwickelt:
- Regelmäßige Koordinierungssitzungen mit allen Projektbeteiligten.
- Mauerwerksinstandsetzung unter Berücksichtigung einzelner ökologischer Schutzbereiche/Inseln, später Streifen in der Mauerfläche. Aus den Erfahrungen der Traverse entstand das Konzept, Vegetationsstreifen in weitgehend unbeschädigten Mauerwerksbereichen beizubehalten, von denen aus sich die wertvolle und geschützte Fauna und Flora wieder in die instandgesetzten Mauerbereiche ausbreiten kann.
- Maßnahmenbegleitende Bauforschung zur weiteren Erforschung der Baugeschichte
Schon bei der Instandsetzung der stadtseitigen Mauerzüge wurden die Vegetationsinseln zu Vegetationsstreifen vergrößert. Auch stellte sich heraus, dass eine steingenaue Dokumentation aufgrund der gewaltigen Dimensionen der folgenden Bauabschnitte nicht umsetzbar war. Konzeptionell hat sich die enge Abstimmung der Bauabschnitte durch das erfahrene Ingenieurbüro Kayser & Böttges, Barthel & Maus mit den Denkmalbehörden und der Naturschutzbehörde bewährt. Hierdurch werden Konflikte vermieden. Entsprechend lassen sich Ausgleichsflächen mit neuer strauchartiger Vegetation unter Einrichtung von Wartungswegen so platzieren, dass die Baumaßnahmen dadurch nicht eingeschränkt werden.
Zwischen 2018 und 2020 konnte mit diesem Verfahren ein großer Bereich in der Kurtine entlang der Windmühlenstraße instandgesetzt werden, deren Mauerwerk besonders stark zerstört war. Die Erklärung konnte über Quellenforschung gefunden werden: Ein Brand der hier zur Futterversorgung für die Militärpferde untergebrachten Rau-Fourage-Scheunen hatte um 1900 durch seine enorme Hitze das Gefüge der Kalksteine geschädigt. Aus diesem Grunde musste erheblich mehr Mauermaterial als ursprünglich beabsichtigt ausgetauscht werden. Im Rahmen der Untersuchungen stellte sich zusätzlich heraus, dass gerade die Reparaturen des 20. Jahrhunderts mit zementhaltigen Mörteln zum weiteren Verfall der Mauern beigetragen haben, weil sich hinter den zu dichten Verfugungen Wasser- bzw. Eissäcke bildeten, die nicht abgeführt werden konnten. Das in der kalten Jahreszeit gefrierende, im Volumen vergrößerte Wasser führte zur substanziellen Schädigung größerer Mauerpartien.
Für das Jahr 2021 ist beabsichtigt, die Instandsetzung weiterer Mauerzüge oberhalb und unterhalb des Spielplatzes an der Windmühlenstraße mit den Bastionen Alarm und Tacitus durchzuführen, so dass die unschönen Netzabsicherungen zurückgebaut werden können. Auch hier wird eine Erneuerung des Brüstungsmauerwerks notwendig sein, das aufgrund der entfernten Wasserspeier durch unkontrollierten Wassereintrag erhebliche Schäden aufweist. In den Flächen werden zur statischen Sicherung Klebeanker eingesetzt, die der Rückverankerung des Mauerwerks dienen. Wenn der Zeitplan eingehalten werden kann, könnte die Nordwestseite der Zitadelle bis Ende nächsten Jahres instandgesetzt sein und ein weiterer wichtiger Bauabschnitt abgeschlossen werden.
Dr.-Ing. Markus Fritz-von Preuschen
Junge Denkmäler der Wohnhausarchitektur in Deutschland
Siedlung am See in Worms, Bungalow am westlichen Rand der Siedlung © Leonie Köhren, GDKE, Direktion Landesdenkmalpflege
Siedlung am See in Worms, Gartenseite eines Bungalows © Leonie Köhren, GDKE, Direktion Landesdenkmalpflege
Villa Glashütte bei Utscheid © Leonie Köhren, GDKE, Direktion Landesdenkmalpflege
Die von der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (VDL) herausgegebene Publikation „Wohnen 60 70 80. Junge Denkmäler Deutschland“ zeigt erstmals einen umfassenden Überblick über die bundesweit als Kulturdenkmäler erfassten Wohnbauten der 1960er bis 1980er Jahre.
Vom schlichten Funktionalismus über die skulpturale Ästhetik des Brutalismus bis hin zum historisierenden Bauen: Die Gebäude der 1960er bis 1980er Jahre zeichnen sich durch vielfältige Erscheinungsformen aus, sind zugleich aber auch durch eine beispiellose Umbau- und Erneuerungswelle in ihrem Bestand bedroht. Die Erfassung junger Denkmäler zählt daher zu den wichtigen aktuellen Aufgaben der Landesdenkmalämter.
Die Publikation zeigt nun erstmals einen umfassenden Überblick über die bundesweit als Kulturdenkmäler erfassten Bauten dieser Jahre – vom Einfamilienhaus über Siedlung und Hochhaus bis zum Experimentalbau –, ergänzt durch eine Einleitung zur Methodik der Denkmalerfassung und ihrer Bewertungsgrundlagen. Der Band rückt damit eine Epoche in den Mittelpunkt, die bereits seit einigen Jahren nicht nur in der Fachwelt, sondern auch bei einer breiteren Öffentlichkeit zunehmend Beachtung findet. Die reich bebilderte Publikation richtet sich nicht nur an Denkmalpfleger, Kunst- und Architekturhistoriker, sondern explizit auch an ein vielseitig interessiertes Publikum, das mehr über die unterschiedlichen Ausprägungen des nachkriegsmodernen Wohnens in Deutschland erfahren möchte.
Unter den vorgestellten Denkmälern finden sich paradigmatische Bauten wie der Kanzler-Bungalow in Bonn oder die im Rahmen der IBA 87 realisierte Wohnanlage am Berlin Museum, die zu den bedeutendsten Beispielen der Nachkriegsmoderne in Deutschland zählen. Aber auch weniger bekannte Gebäude und Anlagen werden erwähnt und anhand von Texten, Bildern und Grundrissen anschaulich dokumentiert. Dass sich auch Rheinland-Pfalz nicht verstecken muss, wenn es um herausragende Bauten der Nachkriegszeit geht, zeigen die beiden im Band vorgestellten Objekte.
Als exklusive Wohnanlage wird die „Siedlung am See“ in Worms vorgestellt, die 1964–1968 nach Plänen des Wormser Architekten Friedrich Seeger errichtet wurde und seit 2017 als bauliche Gesamtanlage geschützt ist. Innerhalb der europäischen Nachkriegsmoderne stellt sie ein bedeutendes und selten überliefertes Zeugnis einer einheitlich konzipierten Wohnsiedlung dar, die zugleich anschaulich den Lebensstil und die Wohnkultur der westdeutschen gehobenen Mittel- und Oberschicht dokumentiert. Darüber hinaus widmet sich die VDL-Publikation der sog. Villa Glashütte in Utscheid als einem postmodernen Paradebeispiel des privaten Wohnungsbaus, das der Kölner Architekt Oswald Mathias Ungers gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten Bernhard Korte entworfen hat. Das Haus sowie die Überformung der umliegenden Landschaft veranschaulichen nicht nur die architektonischen Vorstellungen des Architekten Ungers und seine von der Renaissance und den klassischen Maßen der Antike beeinflusste Denkweise, sondern auch eine auf postmodernen Gestaltungsprinzipien basierende assoziative Gestaltung der Landschaft als Erinnerungsort an die einst hier gelegene Glashütte.
Die Publikation ergänzt damit eine sehenswerte, von der VDL konzipierte Wanderausstellung, die ebenfalls ausgewählte Beispiele der jüngeren Architekturgeschichte vorstellt und anhand von einzelnen Stationen, die mit zeittypischem Mobiliar des jeweiligen Jahrzehnts ausgestattet sind, anschaulich vermittelt.
Leonie Köhren
Annäherung an einen Adelshof in Kaiserslautern
Kaiserslautern, Steingasse 39, wiederentdeckte Decke im Erdgeschoss © J. Ernst, GDKE, Landesdenkmalpflege
Kaiserslautern, Steingasse 39, Blick ins Erdgeschoss © J. Ernst, GDKE, Landesdenkmalpflege
Kaiserslautern, Steingasse 39, Außenansicht © GDKE, Fotoarchiv Landesdenkmalpflege (Foto: Britta Schwarzbach/Kaiserslautern, 1993)
Während der Restaurierungsarbeiten am Kolbenhof in Kaiserslautern, wurde jüngst ein sensationeller Fund gemacht. Unter einer Abdeckung im Erdgeschoss fand sich eine bauzeitliche Renaissancedecke.
An der alten Hauptachse, die die Stadt Kaiserlautern von Nordosten nach Südwesten durchzog – Steinstraße und Markstraße – lagen einst auch die großen Kloster- und Adelshöfe. Für die Steinstraße 55 ist der Wirtschaftshof der Prämonstratenserabtei Wadgassen bezeugt, für die Steinstraße 39 ein Wirtschaftshof des Zisterzienserklosters Werschweiler. Dessen Besitztümer wurden in der Folge der Reformation 1558 vom Pfalzgrafen eingezogen und 1583 an Friedrich von Flersheim veräußert. Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, als Pfalzgraf Johann Casimir Kaiserslautern zu seiner Residenz wählte und dafür das neue Schloss im Bereich der Kaiserpfalz (Barbarossas) baute, verlegten die Flersheimer ihr Burgmannenhaus vom Rittersberg hierher an die Steinstraße. Vermutlich unter Weiterverwendung einzelner Bauteile entstand ein dreiflügeliger Bau mit zwei längeren Flügeln parallel zur heutigen Kolbenstraße und einem verbindenden kurzen an der Steinstraße.
Der südliche Flügel hat sich bis heute erhalten und bei genauerem Hinsehen finden sich trotz der späteren Veränderungen noch einige charakteristische Bauelemente, die vom Renaissancebau geblieben sind: Auf der Rückseite zum heute schmalen Hof tritt das Treppenhaus hervor, außen polygonal, innen halbrund geformt, das einst die Wendeltreppe barg. Der Stadtpfarrer Carl Hollsteiner schrieb in seiner Stadtbeschreibung von 1860 noch von zwei Türmen mit Wendeltreppen, auch sah er noch den vollständigen Hof. Er nennt das Gebäude das Witt‘sche Haus vulgo Eulenburg, weiß aber, dass es sich um das Haus der Herren von Flersheim handelte. Er beschreibt ebenfalls noch an einem der beiden Türme die Jahreszahl 1585. Diese findet sich am Architrav des säulenflankierten Türgestells, das 1937 in den Saal des teilrekonstruierten Casimirschlosses versetzt wurde. Auf diesem Portal sieht man die beiden Wappen der Bauherren: Friedrich von Flersheim, ein quer dreigeteiltes Schild, und seine Ehefrau Ottilie Hauste von Ulmen mit gerautetem Feld. Beide Wappen sind auch – noch reicher mit Helmzier geschmückt – auf der rechteckig gerahmten Sandsteintafel wiedergegeben, die heute an der Ecke des Hauses am Anfang der Kolbenstraße in den Putz eingelassen ist. Weiterhin zeigen auf der Hofseite mehrere Fenstergewände in beiden Geschossen die gekuppelte Anordnungsweise mit gekehlten Gewänden und schneckenförmigem Ablauf im unteren Viertel.
Als der Flersheimer Hof oder wie er später genannt wurde, der Kolbenhof vor zwei Jahren seinen Eigentümer wechselte, kam bei den einsetzenden Sanierungsarbeiten ein sensationeller Fund zutage: Eine alte Decke aus Flersheimer Zeiten, die sich über der Abhängung im Erdgeschossraum fand, der das hintere Drittel des Flügels an der Kolbenstraße einnimmt.
Der Raum, der sich über die gesamte Tiefe des Flügels erstreckt, ist annährend quadratisch, die lichte Raumhöhe beträgt stattliche 4,2 m. Die Deckenkonstruktion, die sog. Tramdecke, besteht aus vier Eichenunterzügen, die in Ost-West-Richtung, also von der Straßen- zur Hofwand auf den starken Außenwänden aufliegen. Ihre Kanten sind mit einem S-förmigen (Karnies-) Profil geziert. In die Zwischenräume sind quer kurze Holzbalken eingelassen. Auf diesen Querbalken liegt der Boden des Obergeschosses auf.
Mithilfe der Landesdenkmalpflege konnte das Fälldatum des Holzes für die Decke in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestimmt werden und zwar auf eine Fällung nach 1543. Es ist somit ziemlich sicher davon auszugehen, dass die Decke im Zusammenhang der Einrichtung des Flersheimer Hofes 1583/85 gezimmert wurde. Später wurde im Rahmen von Sicherungs- und Reparaturmaßnahmen ein zusätzlicher Unterzug aus Kiefernholz in Querrichtung eingezogen, der dendrochronologisch auf das Jahr 1852/53 datiert werden konnte.
Kurzfristig anberaumte Untersuchungen durch die Restauratorin Karen Keller (Köln) brachten Klarheit über die ursprüngliche Farbigkeit von Decke und Wänden: So zeigte die unterste der 13 gefundenen Farbschichten auf den Deckenbalken ein mittleres Grau, der später angebrachte Unterzug ein helleres Grau. Diese Fassung wurde bei den aktuellen Erneuerungsarbeiten wiederhergestellt. Der Wandputz, der mit der Decke angebracht wurde, war kalkweiß, im Anschluss an die Decke verlief ein rotes Begleitband, weitere Verzierungen in Schwarz sind nur fragmentarisch nachweisbar.
Der Raum mit der nun wieder gewonnenen beträchtlichen Raumhöhe und der repräsentativen, mit profilierten Balken gestalteten Decke belegt sehr anschaulich Dimension und Qualität der Innenraumgestaltung eines Adelshofes des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Er ist damit ein bedeutendes Zeugnis der an vergleichbaren Bauten nicht reichen Kaiserslauterer Baugeschichte.
Text: Ulrike Weber
Maikammer Weinstraße Nord © GDKE Rheinland-Pfalz / Landesdenkmalpflege
Maikammer Alsterweiler, Straßenansicht Hauptstraße © GDKE Rheinland-Pfalz / Landesdenkmalpflege
Vertreter der Orts- und Verbandstgemeide, Touristinformation, Kreisverwaltung und der Landesdenkmalpflege © GDKE, Landesdenkmalpflege
Maikammer-Alsterweiler, Steinschieber, Hauptstraße 25 © Lucy Liebe, GDKE, Landesdenkmalpflege
Nachqualifizierung der Denkmalzonen „Ortskern Maikammer“ und „Ortskern Maikammer-Alsterweiler“ abgeschlossen
Im Rahmen des Projekts „Systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen in Rheinland-Pfalz“ wurden die historischen Ortskerne der pfälzischen Orte Maikammer und Maikammer-Alsterweiler denkmalpflegerisch bewertet. Die gewonnenen Untersuchungsergebnisse konnten nun vor Ort vorgestellt werden.
Inmitten der vom Wein geprägten Kulturlandschaft am Rande des Pfälzerwaldes, mit Blick auf das Haardtgebirge und das Hambacher Schloss, befindet sich der Ort Maikammer mit seinem Ortsteil Alsterweiler. Beide Ortschaften liegen nah beieinander und standen schon immer in einem politischen und baulichen Zusammenhang. Bis heute konnten sich ihre historischen Kerne erhalten, die die Orts- und Baugeschichte noch immer ablesbar dokumentieren.
Maikammer und Alsterweiler gehen wahrscheinlich auf fränkische Siedlungen zurück, deren mittelalterliche Parzellenstruktur in Form von Langgewannfluren ablesbar geblieben ist. Dies wirkt sich stark auf den jeweiligen Ortsgrundriss und die Ortsbebauung aus. Maikammer, dessen ursprünglicher Ortskern sich wohl um die katholische Pfarrkirche St. Kosmas und Damian herum bildete, entwickelte sich zu einem Mehrstraßendorf mit kreuzförmigem Grundriss. Alsterweiler hingegen wuchs als typisches Straßendorf entlang der Hauptstraße als Kernbereich. Die Ortsbebauung der als Denkmalzonen geschützten beiden Ortskerne wird vom Weinbau geprägt. Dies zeigt sich insbesondere in einer dichten Bebauung mit Haus- und Hofanlagen, die die Wohnhäuser in der regionaltypischen Bauweise des Winzerhauses mit rückwärtig gelegenen Wirtschaftsgebäuden, oft als Zweiseit- oder Dreiseithofanlagen kombinieren. Im Straßenbild beider Orte überwiegen verputzte Massivbauten des 18. und 19. Jahrhunderts mit sandsteinerner Gliederung und betonter Traufzone, die häufig mit Schmuckfriesen verziert sind. In Maikammer sind jedoch auch einige einzelne, besonders auffällige Gebäude zu entdecken, wie beispielsweise Renaissance-Bauten, die mit aufwendigen Fassadengestaltungen wie Schweif- und Treppengiebeln im Straßenbild hervortreten. Auch Baudetails wie die charakteristischen Torfahrten mit repräsentativen Rundbögen sowie Nischen mit Hausfiguren oder schmiedeeiserne Hausschilder und Steinschieber an Kelleröffnungen sind prägende Elemente, die für beide Denkmalzonen konstituierend sind.
Mit großem Interesse nahmen Vertreter der Verbands- und Ortsgemeinde, der lokalen Tourist-Information sowie der Kreisverwaltung an der Präsentation der Untersuchungsergebnisse in Maikammer teil. Die Beteiligten waren sich einig, dass die intensive Betrachtung der Ortskerne den Menschen vor Ort einen neuen, sensibilisierten Blick auf den Heimatort ermöglicht. Deshalb wird auch eine Kooperation mit KuLaDig, dem digitalen „Informationssystem über die historische Kulturlandschaft und das landschaftliche Kulturelle Erbe“ in Deutschland angestrebt, die eine weitere Verbreitung der gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen soll.
Aber auch die denkmalpflegerische und planerische Arbeit in den Denkmalzonen kann nun durch die vorgelegten Ergebnisse der Nachqualifizierungen unterstützt werden, die detailliert die prägenden Elemente der Orts- und Straßenbilder beschreiben sowie konstituierenden Elemente der Denkmalzonen aufzeigen. Die Untersuchungsergebnisse dienen somit künftig als wissenschaftliche Grundlage zur denkmalpflegerischen Bewertung möglicher Baumaßnahmen und Veränderungen an Fassaden, Einzelgebäuden und der Ortsstruktur. Aber auch die Eigentümer der Gebäude innerhalb der Denkmalzone können die Projektergebnisse, die auf der Website der Landesdenkmalpflege veröffentlicht werden, bei der Vorbereitung und Planung baulicher Maßnahmen nutzen. Der sachgerechte Umgang mit der historischen Substanz wird somit erleichtert und eine denkmalgerechte städtebauliche Entwicklung der Gemeinde gefördert.
Fotos und Text:
Lucy Liebe M.A.; Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt "Systematische Nachqualifizierung der Denkmalzonen von Rheinland-Pfalz". In Kooperation mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
Freisenheim_Stadtmauer ©GDKE, Wenzel
Freinsheim, Stadtmauer, Typologie der Türme © Barthel & Maus GmbH
Freinsheim, Stadtgrundriss, Gebäuden und Anlagen mit besonderen Funktionen 1830–1837 © Christiane Reichert
Alles über Stadt und Mauer
Das malerische und geschlossene Ortsbild von Freinsheim mit der fast vollständig erhaltenen Stadtmauer sind in der Pfalz und weit darüber hinaus bekannt und beliebt. Nun sind innerhalb kurzer Zeit zwei „Handbücher“ für den Umgang mit der historischen Stadt und der Stadtmauer vorgelegt worden, die für Rheinland-Pfalz Maßstäbe setzen.
2018 entstand das erste „Handbuch“ als Vertiefte städtebaulich-denkmalpflegerische Untersuchung zur Freinsheimer Stadtgeschichte und Stadtstruktur durch ein Bamberger Büro. Denn viele Kenntnisse über die Qualitäten eines historischen Ortskerns sowie ihrer wertvollen Bauten sind oftmals verstreut oder nur rudimentär erhalten. Diese sind nun in der Studie, die wie ein Lexikon benutzt werden kann, zusammengefasst. Für jedermann im Internet bei der Verbandsgemeinde einsehbar, findet man hier unzählige Informationen zur Stadtentwicklung, zu Straßenzügen und historischen Freiflächen, zur Wasserversorgung und – in einem Häuserkatalog – zu den einzelnen Gebäuden. Für das Städtebauförderprogramm „Historische Stadtbereiche“, die Denkmalpflege, aber vor allem auch für die Einwohner gibt es nun ein hervorragendes Instrument, um Stadtbild und Häuser, letztlich aber auch die Seele des Ortes zu bewahren.
Ein weiteres „Handbuch“ ist 2019 für die Stadtmauer durch ein Ingenieurbüro aus München erstellt worden. Die Mauer in Freinsheim gehört zu den besterhaltenen mittelalterlichen Befestigungen in Rheinland-Pfalz; sie ist zwischen 1471 und 1514 entstanden, als Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz den Ort zur Stadt erhob. Außergewöhnlich ist die hohe Einheitlichkeit der Mauer mit zwei Toren und 13 Türmen, einzigartig die beeindruckenden Mauergassen mit malerischen „Anlehnhäusern“. Die jüngste Untersuchung vereinigt nun in ungewöhnlicher Weise Informationen zur Baugeschichte einerseits mit einem Gutachten über Zustand und Schäden der Stadtmauer andererseits. Hinzu kommen Empfehlungen für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen und eine Kostenschätzung. Das gleichzeitig entstandene, vollständige digitale Aufmaß ist in diesem Umfang einmalig in Rheinland-Pfalz. Für Erhalt und Pflege der Mauer, die weitgehend in städtischem Besitz ist, kann man damit auf eine hervorragende Basis zurückgreifen. Auch sie ist der Öffentlichkeit zugänglich.
Nicht nur für Denkmalpflege und Stadtsanierung, sondern auch für die breite Öffentlichkeit sind mit den beiden Dokumentationen zwei vorbildliche Grundlagenwerke entstanden, die kurz- und langfristig zu einem qualitätvollen Umgang mit dem Stadtgefüge und der Stadtmauer beitragen werden. Es bleibt zu wünschen, dass sie keine Einzelfälle bleiben.
Die entsprechenden Dokumente sind auf der Homepage der Verbandsgemeinde Freinsheim zu finden.
Maria Wenzel
TU Kaiserslautern, Energiesparendes Studenwohnheim (ESA), Ansicht von Außen © Roswitha Kaiser, GDKE, Landesdenkmalpflege
TU Kaiserslautern, Energiesparendes Studenwohnheim (ESA), Sitzecke © Roswitha Kaiser, GDKE, Landesdenkmalpflege
TU Kaiserslautern, Energiesparendes Studenwohnheim (ESA), Wohnbereich © Roswitha Kaiser, GDKE, Landesdenkmalpflege
Die grüne Arche auf dem Campus
Versteckt am Waldrand auf dem Gelände der Technischen Universität Kaiserslautern liegt eines der jüngsten und aufregendsten Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz: Das Energiesparende Studentenwohnheim Architektur, kurz ESA genannt.
Idee und Realisierung des Experimentalbaus standen ganz im Zeichen der damaligen Bauzeit: Die Ölkrise von 1973 und die Berichterstattung über Grenzen des Wachstums 1972 waren in das Bewusstsein von Politik und Gesellschaft gedrungen. Die Ausbildung von Ingenieuren und Architekten war von der Herausforderung ökologischen Bauens mit Gemeinschaftsprojekten geprägt. Aus Amerika erreichten spektakuläre Beispiele solarer Architektur im Selbstbaumodus die akademischen Hochschuldebatten in Deutschland.
Diese Impulse fanden zu Beginn der 1980er Jahre, angeregt durch das damalige Finanzministerium Rheinland-Pfalz, ihren Niederschlag in Planung und Realisierung des Studentenwohnheims der Universität Kaiserslautern. Der bauliche Bestand des sozialen, ökologischen und energetischen Lehr- und Versuchsprojektes war für eine temporäre Dauer von etwa dreißig Jahren geplant. Nur mit tatkräftiger Unterstützung als Selbsthilfe im Studienbetrieb und Materialsponsoring der regional ansässigen Industrie konnte das Studentenwohnheim realisiert werden. In der damaligen Fachpresse fand der experimentelle Bau und Prototyp einer „grünen Arche“ überaus positives Echo.
Viele Ideen des Projektes haben sich bewährt und sind heute in Zeiten des Klimawandels und der Energieeinsparung selbstverständliche Herausforderung beim Bauen geworden. Hierzu gehören etwa die Idee des Hauses im Haus, der Bau von Latentspeichern, die Integration von Grün in die Architektur und die Nutzung solarer Energie. Als Wohngemeinschaft von zwanzig Studierenden ist das ESA über die Jahre ein gelungenes, geregeltes, nachhaltiges und funktionierendes Haus. Manche Improvisationen der Entstehungszeit, so etwa die Ziegel-Wasser-Speicher-Wand in Gestalt von eingemauerten Tetrabricks, nötigen uns heute Schmunzeln ab.
Landesdenkmpalpflege GDKE © Hundhausen
Landesdenkmalpflege © GDKE
Die Keller um den Judenhof in Speyer
von Jutta Hundhausen
Begehungen der Keller rund um den Judenhof in Speyer haben jüngst neue Erkenntnisse zur jüdischen Gemeinde sowie zur Speyerer Stadtgeschichte hervorgebracht.
Die Ursprünge der jüdischen Gemeinde in Speyer, die bis in das frühe 16. Jahrhundert Bestand hatte, reichen in das Jahr 1084 zurück, als Bischof Rüdiger Huzmann sie in direkter Nähe zum Dom ansiedeln ließ. Zusammen mit den jüdischen Gemeinden von Mainz und Worms bildete Speyer einst das geistige Zentrum der europäischen Juden („SchUM“).
Aus dieser Zeit erhalten ist der Judenhof mit der Ruine der Männersynagoge (1104), der Frauenschul und der Mikwe (vor 1126). Das ehemals gemischt jüdisch-christliche Stadtviertel um den Judenhof hat jedoch seit dem Mittelalter starke Veränderungen erfahren, insbesondere durch die Zerstörungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689. Ab dem frühen 18. Jahrhundert wurde das Gebiet dann quasi komplett neu aufgebaut. Doch wie sieht es unter der Erde aus? Haben sich im Untergrund von Speyer Bauten aus dem Mittelalter, der Zeit der jüdischen Gemeinde erhalten?
Um dies zu überprüfen, führte die Landesdenkmalpflege in den Jahren 2017–2019 eine Begehung der Keller um den Judenhof durch. Unterstützt von der Unteren Denkmalschutzbehörde Speyer und der Landesarchäologie wurden dabei etwa sechzig Keller erfasst. Es konnte festgestellt werden, dass die meisten von ihnen älter sind als die darüberliegenden Gebäude – ein Beleg dafür, dass die Stadtstruktur aus der Zeit vor 1689 tatsächlich in den Kellern, teilweise sogar im Aufgehenden überdauert hat. Viele der meist tonnengewölbten Keller gehören zu einst giebelständigen Gebäuden, die durch traufständige Häuser ersetzt wurden. Im Gegensatz dazu liegen, vor allem an der Kleinen Pfaffengasse, größere, parallel zur Straße ausgerichtete Keller. An der Judengasse wiederum finden sich kleine, auf engstem Raum zusammengedrängte Keller. Vereinzelt sind im Untersuchungsgebiet frühneuzeitliche bis barocke Stützenkeller mit Kreuzgratgewölben anzutreffen. Im Süden und im Osten des Speyerer Judenhofs wurden die 1689 zerstörten Gebäude nicht wiederaufgebaut, sondern Gärten angelegt. Jüngst sind dort Fragmente von zwei mittelalterlichen Kellern wiederentdeckt worden. Ein ganz besonderer Befund in einigen Kellern ist die so genannte Pietra rasa: eine typisch romanische Technik, bei der der Setzmörtel über die Bruchsteine hinweg verstrichen und die Fuge mit einer Ritzung versehen wurde, um ein Quadermauerwerk zu imitieren. Erhalten ist Pietra rasa auch am Raschihaus (12. Jh.) und der Mikwe (1185/1186) in Worms.
Zustand nach vollendeter Restaurierung des Tores und Vervollständigung des Skulpturenschmucks © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Engeltor der Abtei Rommersdorf
von Markus Fritz-von Preuschen
Neben den mittelalterlichen Kernbauten der KIausur wird die spätestens 1117 gegründete Prämonstratenserabtei Rommersdorf bei Neuwied vor allem durch die barocken Klosterbauten des 18. Jahrhunderts geprägt. Aus dieser Zeit stammt auch das in Volksmund als Engeltor bezeichnete Feldtor, das den ursprünglichen repräsentativen Hauptzugang zur Abtei bildete.
Ende 2018 erhielt das Engeltor nach einer aufwendigen, durch die Landesdenkmalpflege geförderten Instandsetzung der Portalarchitektur seinen Figurenschmuck zurück, der durch die Abtei-Rommersdorf-Stiftung und die Eigentümerin finanziert wurde. Das Tor war einschließlich seines Schmucks 1777 nach Entwürfen des rheinisch-moselländischen Baumeisters Ferdinand Lauxen im Auftrag des damaligen Abtes Franz Kech errichtet worden. Mit der Säkularisation wurde die Abtei aufgehoben und später als landwirtschaftliches Gut betrieben.
Frankenstein (Kr. Kaiserslautern), Biedenbacherwoog am Leinbach mit steinernem Wehr und Umleitungskanal © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Esthal (Kr. Bad Dürkheim), Goldwoog am Breitenbach mit Auslass und „Riesel“ © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Elmstein (Kr. Bad Dürkheim), Alte Schmelzklause, Bachverlauf, Großer Legelbach, umgebaut 1857 als Klause im Nebenschluss © GDKE, Landesdenkmalpflege (Bildautor: Kultur-Büro AHB, Ginsheim-Gustavsburg)
Wooge und Triften im Pfälzerwald. Pilotprojekt zur Erfassung der historischen Wasserwirtschaft
von Alexandra Fink
Der Pfälzerwald ist eines der größten geschlossenen Waldgebiete Deutschlands und ein überregional bedeutender Grundwasserspeicher. Er ist gemeinsam mit den Vosges du Nord UNESCO Biosphärenreservat, dessen jüngste Evaluation der UNESCO noch einmal bekräftigt, dass gerade die Wooge und Triftbäche wertvolle Lebensräume und „gesichtsgebende Elemente“ der Kulturlandschaft Pfälzerwald sind.
2014 wurde im Auftrag des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Landesamt für Umwelt und dem Bezirksverband Pfalz (Träger des Biospährenreservates) das Projekt „Wooge und Triftgewässer“ ins Leben gerufen, das modellhafte Lösungen zum nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen, d. h. den Gewässern, entwickeln soll. Als die Landesdenkmalpflege in das Projekt einbezogen wurde, stellte sich schnell heraus, dass eine systematische Erfassung der Wooge und Triftanlagen unter kulturhistorischen und denkmalfachlichen Aspekten notwendig ist. Einst hatten die Anlagen den Zweck, durch Aufstauen der Nebenbäche ausreichend Wasser zu gewinnen, wie es für den Transport des im Wald gewonnenen Brennholzes auf dem Speyerbach in die Rheinebene notwendig war. Bei den zahlreichen wasserbaulichen Anlagen handelt es sich demnach um ein kulturhistorisches Ensemble von hoher, wenn nicht sogar überregionaler Bedeutung für die wirtschaftliche Nutzung des Waldes und des Wassers. Bislang wurden diese Anlagen jedoch nur punktuell und beispielhaft als Kulturdenkmäler eingestuft. Derzeit liegt die Erfassung der Triftbäche und zugehörigen wasserbaulichen Anlagen in unterschiedlicher inhaltlicher Vertiefung vor. Eine ausführlich bearbeitete Denkmaltopographie liegt bislang nur für den Kreis Bad Dürkheim vor. Ein 2019 von der Landesdenkmalpflege durchgeführtes Pilotprojekt hatte daher zum Ziel, anhand eines begrenzten Gebietes beispielhaft Methodik, Umfang und Aufwand einer Gesamterfassung der historisch relevanten baulichen Zeugnisse der Trift und Wassernutzung im Pfälzer Wald zu ermitteln. Zu diesem Zweck wurde das Einzugsgebiet des Legelbaches einschließlich Speyerbach zwischen Mündung Legelbach und Gemarkungsgrenze Elmstein bearbeitet. Modellhaft wurden dabei die baulichen Zeugnisse der historischen Wasserwirtschaft im Pfälzerwald untersucht und erfasst. Dabei erwies sich, dass die im gesamten Bereich erhaltenen wasserbauliche Anlagen anschauliche Zeugnisse der Wirtschaftsgeschichte darstellen.
Das Triftwesen ist in der Pfalz bereits seit dem Mittelalter nachgewiesen, wobei die Gewässer multitfunktional genutzt wurden. Die erste Bachordnung einschließlich Regelungen zur Trift stammt aus dem 15. Jahrhundert. Die erste Floßordnung wurde 1757 von Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz erlassen. Aufgrund der Vielzahl an kleineren Landbesitzern war damit jedoch noch kein systematischer Triftausbau verbunden.
Gottfried Böhm © Foto von Elke Wetzig / CC BY-SA 4.0 via wikimedia commons
Bergisch-Gladbach, Herz Jesu-Kirche (1956–1969), Kohlezeichnung 1957 © Wolfgang Voigt (Hg.): Gottfried Böhm. Berlin 2006, S. 39
Velbert-Neviges, Wallfahrtskirche Maria Königin des Friedens, 1961–1973 © Foto von seier + seier / CC-BY-2.0 via wikimedia commons
Bad Kreuznach, Kauzenburg, Ausbau 1971–1972 © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Köln, WDR-Arkaden, 1994–1996 © Foto von Elke Wetzig / CC BY-SA 3.0 via wikimedia commons
Gottfried Böhm und seine Werke in Rheinland-Pfalz
TEIL 1: Gottfried Böhm zum 100. Geburtstag.
Wirken und Werke in Rheinland-Pfalz
von Karola Sperber
Gottfried Böhm, geboren am 23. Januar 1920 in Offenbach am Main, gilt als einer der bedeutendsten und vielfältigsten Architekten der Nachkriegszeit, dessen Werk eine weltweite Ausstrahlungskraft zugesprochen wird. Bekannt wurde Böhm – der 1986 als erster deutscher Architekt mit dem angesehenen Pritzker-Preis ausgezeichnet wurde – vor allem durch seine aufsehenerregenden Kirchenbauten aus Beton, Stahl und Glas, denen nicht selten bildhauerische Elemente anhaften. Das Jahr 2020 ist das Jahr in dem Gottfried Böhm seinen 100. Geburtstag feiert. Zu diesem Anlass haben sich zahlreiche Institutionen zusammengeschlossen, um das Werk des Architekten unter dem Motto BÖHM100 mit Vorträgen, Symposien, Ausstellungen und Exkursionen zu beleuchten. So soll auf vielen Ebenen das gesamte Jahr hindurch dem Architekten eine umfassende Würdigung zuteilwerden. Auch die Landesdenkmalpflege möchte sich in den kommenden Wochen diesem Thema widmen und sein Wirken sukzessive in Rheinland-Pfalz beleuchten, von dem das ein oder andere Bauwerk Eingang in die Architekturgeschichte gefunden hat.
Nachdem Gottfried Böhm 1945, kurz vor Kriegsende, sein Studium der Architektur und Bildhauerei in München beendet hatte, wechselte er in das Kölner Büro seines Vaters Dominikus Böhm, der neben Rudolf Schwarz zu den bedeutendsten Kirchenbaumeistern der Zwischenkriegszeit in Deutschland gehört. Im väterlichen Büro erlernte und vertiefte Gottfried Böhm schließlich sein Handwerk. Bis zum Tode des Vaters, 1955, arbeiteten beide Architekten eng zusammen. Sein erstes eigenständiges Werk war die 1947 in den Trümmern von St. Kolumba errichtete Marienkapelle in Köln, die seit 2007 in Peter Zumthors Neubau für das Erzbischöfliche Diözesanmuseum integriert ist. Die filigrane Betonkonstruktion der achteckigen Kapelle, welche die im Krieg unversehrt gebliebene Figur einer spätgotischen Madonna einbezieht, wurde zu einer Ikone der unmittelbaren Nachkriegszeit und gehört heute zu den eindrucksvollsten Sakralbauten Kölns.
Zu Gottfried Böhms wichtigsten Bauwerken gehören vor allem jene Kirchenbauten, die mit ihrer starken Materialwirkung und ausgeprägten Formensprache vorbildhaft für die Architektur der Nachkriegszeit wurden, wie beispielsweise die Herz-Jesu-Kirche in Bergisch-Gladbach (1956–1969) oder die Wallfahrtskirche Maria Königin des Friedens in Velbert-Neviges (1961–1973). Böhm, der ursprünglich Bildhauer werden wollte, knüpft dabei an die skulpturale Architektur seines Vaters an. In der Nachkriegszeit gehörte vor allem der Wiederaufbau zu den wichtigsten Aufgaben der Architekten, wodurch sich auch die zahlreichen Sakralbauten die unter seiner Hand entstanden sind, erklären lassen. Bis 1970 entwarf Gottfried Böhm mehr als 60 Kirchen. Auch Rheinland-Pfalz hat bedeutenden Bauten dieser Schaffensperiode vorzuweisen, etwa die St. Elisabethkirche in Koblenz (1951–1963) oder die Pfarrkirche Heilig-Kreuz in Trier (1958–1974).
Von Anfang an ist der Werkstoff Beton kennzeichnend für seine Bauten, doch ab den 1960er Jahren wird er zum bestimmenden Element seiner Architektur. Mit seinen skulpturalen Betonkirchen wurde er schließlich zu einem bedeutenden Vertreter des sogenannten Beton-Brutalismus. Gottfried Böhm war dabei von der Idee fasziniert, dass mithilfe von Beton unterschiedliche Konstruktionen von hängenden und formstabilen Decken möglich waren. Er selbst wies darauf hin, dass ihn die Trümmerlandschaft seiner Heimatstadt Köln für seine Architekturformen inspiriert habe. Mit seiner speziell entwickelten „Gewebedecke“ gelangen ihm vielfältige, zeltdachartige Konstruktionen, die bis heute charakteristisch sind für sein Werk. Neben Kirchenbauten kam Beton aber auch bei zahlreichen weiteren Bauten zum Einsatz. So wird der Werkstoff beispielweise bei seinem ersten Profanbau, dem Rathaus in Bensberg, einem Stadtteil Bergisch-Gladbachs, zum bestimmenden Material. Bei diesem vollständig in Sichtbeton ausgeführten Gebäude nimmt Böhm die Linienführung der mittelalterlichen Burg auf, die in direkter Nachbarschaft steht.
In Abkehr zu seiner betonbrutalistischen Phase wandte sich Böhm Anfang der 1970er Jahre anderen Materialien zu – einer Zeit in der ebenfalls die Kirchenbaukonjunktur der Nachkriegszeit ein Ende fand und profane Wohn- wie Bürobauten und Geschäftshäuser Eingang in sein Oeuvre fanden. Statt der expressiven Betonung skulpturaler Werte und dem großflächigen Einsatz von Sichtbeton beherrschen nun filigrane Stahl-Glaskonstruktionen seine architektonische Sprache.
Beispielhaft stehen hierfür der Umbau der Kauzenburg in Bad Kreuznach (1969–1976) oder auch das Bürgerhaus „Bergischer Löwe“ in Bergisch-Gladbach (1974–1980), deren plastische Stahlblechfassaden miteinander verwandt sind.
Mit den WDR-Arkaden in Köln, der Ulmer Stadtbibliothek oder dem Neubau der Deutschen Bank in Luxemburg profilierte sich Böhm schließlich als Künstlerarchitekt der deutschen Postmoderne. Ungeachtet der verschiedenen Ausprägungen seiner Architektur, achtet Böhm stets den vorgefundenen Bestand und bindet diesen in ein zeitgenössisches Konzept ein. Er gehört damit zu den Ausnahme-Architekten im Nachkriegsdeutschland, die bereits früh eine Abkehr von der Zweckmäßigkeit der 1960er Jahre-Architektur vollzogen haben. Und so kann sich das Land Rheinland-Pfalz stolz schätzen, bedeutende Vertreter seiner Baukunst, die heute als herausragende Beispiele der Nachkriegszeit nach und nach Eingang in die Denkmallisten finden, aufweisen zu können. In den kommenden Wochen werden wir bekannte und bislang unentdeckte Schätze seiner Architektur in Rheinland-Pfalz gemeinsam entdecken.
Speyer, Maximilianstraße, Blick vom Altpörtel © Foto von Immanuel Giel
Speyer, Blick zum Dom © GDKE, Landedenkmalpflege, G. P. Karn
Landau, Parkhaus, Ansicht von Südosten mit Aufzugsschacht © GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Jockgrim, tonnengewölbte Kammer des ehem. Ringofens ©GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Jockgrim, Ziegeleimuseum und Verbandsgemeindeverwaltung ©GDKE, Landesdenkmalpflege, L. Köhren
Gottfried Böhm und seine Werke in Rheinland-Pfalz
TEIL 2: Gottfried Böhm und die Pfalz
von Karola Sperber und Leonie Köhren
Auf unserer Entdeckungstour durch Rheinland-Pfalz führt der Weg zunächst einmal in die Pfalz. In eine Region unseres Bundeslandes, die sich eher der späten Schaffensperiode Böhms zuordnet, doch zugleich sein breites künstlerisches Spektrum aufzeigt, da er hier Profanbauten unterschiedlicher Nutzung realisierte.
Speyer, Fußgängerzone Maximilianstraße (1986–1988)
Die in West-Ost-Richtung, vom Altpörtel axial auf den Dom zulaufende Maximilianstraße ist nicht nur die Hauptgeschäftsstraße der Stadt Speyer, sondern zugleich auch die ehemalige Prachtstraße der alten Kaiserstadt. Ihre kleinteilige Bebauung stammt zwar vielfach aus dem 18. Jahrhundert, entstanden ist sie aber einst im Zusammenhang mit dem Dombau im 11. Jahrhundert und weist als Schauplatz zahlreicher kaiserlicher Einzüge einen hohen geschichtlichen wie städtebaulichen Wert auf.
Anlässlich der 2000-Jahr-Feier unternahm die Stadt Speyer mithilfe der Städtebauförderung ein umfassendes Sanierungsprogramm für die Altstadt. Im Zentrum stand einerseits die Umgestaltung der Maximilianstraße in der Tradition der mittelalterlichen Via Triumphalis durch die Architekten Gottfried und Stephan Böhm sowie die Neukonzeption des Domplatzes durch Oswald Mathias Ungers.
Das Kölner Architektenduo Böhm erwirkte einen kompletten Rückbau der in der Nachkriegszeit erfolgten autogerechten Anpassung, sodass die zentrale Achse zwischen Dom und Altpörtel nahezu verkehrsfrei wurde. Dabei orientierten sie sich zugleich am historischen Schema des Straßenquerschnitts. Es entstanden breite Bürgersteige mit rosafarbenem Granitpflaster und gestalterisch hervorgehobene Flächen vor wichtigen Hauseingängen, die durch eigens entworfene Beleuchtungen bereichert wurden. Insgesamt zeichnet sich die Umgestaltung durch eine sparsame Möblierung sowie den Verzicht auf Begrünung aus, mit der die historisch strenge Urbanität zum Ausdruck kommen soll.
Landau, Parkhaus (1985–1987)
1986 erfolgte in Landau die Grundsteinlegung zum Parkhaus in der Waffenstraße 14.
Das über rechteckigem Grundriss erbaute Parkhaus zeichnet sich durch seine Integration in das überlieferte Stadtbild aus, die insbesondere durch seine äußere Form und Materialwahl gelungen ist. Die innere tragende Struktur des Parkhauses besteht aus einem Stahlbetonskelett, das unter Verwendung von Fertigteilen in offener Bauweise errichtet wurde. Im deutlichen Kontrast hierzu stehen die vorgehängten Brüstungselemente aus rötlich eingefärbtem Beton, deren Farbigkeit an den roten Pfälzer Sandstein erinnert. Der mit Rankgewächsen begrünte Baukörper besteht aus zwei halbgeschossig gegeneinander versetzten, viergeschossigen Bauteilen, deren stützenfreie Parkebenen mit Halbrampen verbunden sind. Ungewöhnlich ist das zweiteilige, ziegelgedeckte Walmdach, das von einer stählernen Fachwerkkonstruktion getragen wird und in Höhe und Neigung den umliegenden Dächern angepasst ist. Die gesamte Erschließung des Parkhauses verläuft an der Außenhaut des Gebäudes. Auf den Längsseiten verlaufen langgezogene einläufige Außentreppen, die in ihrer Charakteristik an die Rolltreppen des seinerzeit aufsehenerregenden Centre Pompidou in Paris (1971–1977) erinnern. An der Nordost-Ecke befindet sich zudem ein offener, freistehender Aufzugsschacht mit gläsernem Maschinenraum, der einen barrierefreien Zugang ermöglicht und zugleich an einen Campanile denken lässt.
Jockgrim, Verwaltungsgebäude (1990–1993)
Im 19. und 20. Jahrhundert war der südpfälzische Ort Jockgrim Standort der Falzziegelwerke Carl Ludowici, dessen Erzeugnisse noch heute in vielen Regionen der Welt zu sehen sind. Nachdem das Unternehmen in den Nachkriegsjahren noch einmal eine letzte Blütezeit erlebte, war es ab dem Ende der 1950er Jahre aufgrund des abnehmenden Bedarfs an Ziegeln sowie der zu Neige gehenden Tonvorräte einem zunehmenden Niedergang unterworfen. Nach einem Großbrand wurde die Niederlassung in Jockgrim schließlich im Jahr 1972 endgültig aufgegeben.
Nach der Auflösung der Ziegeleimanufaktur bestand das Bemühen, einen Teil des zerstörten Werkes als Ziegeleimuseum zu erhalten. Zeitgleich beschloss die Verbandsgemeinde die Errichtung eines neuen Verwaltungsgebäudes auf dem Gelände, sodass man beide Projekte miteinander verband. Während Prof. Hartmut Hofrichter, Kaiserslautern, mit dem Wiederaufbau der noch vorhandenen, historischen Bausubstanz beauftragt wurde, konnte für die Planung des Verwaltungsgebäudes Gottfried Böhm gewonnen werden, der wie bereits in Speyer seinen ältesten Sohn Stephan in die Planungen mit einbezog.
Für das Museum erstand auf diese Weise der ehemalige Gründerbau der Ziegelei mit Pressenhaus wieder, während man auf den Fundamenten des ehemaligen Ringofens einen Teil des neuen Verwaltungsgebäudes mit Sitzungssaal und Ausstellungsräumen errichtete. Der mit seiner Kubatur sowie der Verwendung von Sandstein- und Ziegelmauerwerk Assoziationen zur Architektur der ehemaligen Ziegelfabrik erwecken soll. Ergänzt wird dieser Bau mit einem weiteren Verwaltungstrakt an der Ostseite des Ringofengebäudes (Ostflügel).
Bad Kreuznach, Kauzenburg, Hofansicht des Neubaus mit Rekonstruktion des ehem. Treppenturmes © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Südostansicht des Neubaus mit erhaltenem Sockel des mittelalterlichen Rundturmes im Osten © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Ostseite, Erker und Balkone © Foto von Elke Wetzig / CC BY-SA 3.0 via wikimedia commons
Überreste spätgotischer Gebäude mit Löwenstatute im Osten der Anlage © GDKE, Landesdenkmalpflege, G. P. Karn
Gottfried Böhm und seine Werke in Rheinland-Pfalz
TEIL 3: Gottfried Böhms postmoderner Umbau der einstigen Burganlage der Grafen von Sponheim
Die Kauzenburg in Bad Kreuznach
von Leonie Köhren
Die auf einem Höhenrücken über dem Nahetal gelegene Kauzenburg erfuhr Anfang der 1970er Jahre einen zeitgemäßen Um- und Ausbau, der bis heute das Stadtbild von Bad Kreuznach prägt und zugleich als signifikanter Wendepunkt in der Architektur Gottfried Böhms gelten kann.
Die vermutlich im 12. Jahrhundert zum Schutz des Flussübergangs durch die Grafen von Sponheim gegründete Burganlage war im Dreißigjährigen Krieg mehrfach beschädigt und im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 durch die Franzosen endgültig zerstört worden. 1803 erwarb Andreas Freiherr von Recum die Ruine auf dem Kauzenberg und ließ an ihrer Stelle einen Wirtschaftshof errichten, der später zur Gaststätte umgebaut wurde.
Als das Gelände 1969 in den Besitz der neugegründeten Kauzenburg-Betriebs-Aktiengesellschaft überging, beabsichtigte man zwar die gastronomische Funktion weiterzuführen, doch die damals nur wenig geschätzte historistische Architektur ließ man letztlich zu Gunsten eines Neubaus vollständig abreißen. Stattdessen erfolgten eine Freilegung der noch vorhandenen Bausubstanz der Burganlage und die Beauftragung des bedeutenden Kölner Architekten Gottfried Böhm, der in Arbeitsgemeinschaft mit dem ortsansässigen Architekten Günter Hartmann eine zeitgemäße Anpassung des Bestandes vornehmen sollte. Auch die Denkmalfachbehörde begrüßte damals die Maßnahme zur Freilegung des noch erhaltenen Teiles der mittelalterlichen Burg und deren Sicherung im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Restaurants.
Auf den Resten der einstigen Ringmauer entstand so ein Neubau als viergeschossige Stahlbetonkonstruktion mit einer Vorhangfassade aus Metall und Glas, die als bewusster Kontrast zu den vorhandenen Resten der mittelalterlichen Burg in Erscheinung treten und gleichermaßen die historische Bausubstanz stärker zur Wirkung bringen sollte. Oberirdisch existierten zu diesem Zeitpunkt nur noch geringe Mauerreste der vormals ausgedehnten Burganlage, insbesondere der Rest eines Treppenturms und die Grundmauern eines großen Rundturmes mit anschließendem Mauerwerk im Osten der Anlage sowie Fragmente von Gebäuden aus spätgotischer Zeit, auf denen Andreas von Recum Anfang des 19. Jahrhunderts eine von Schloss Dhaun stammende Löwenstatue anbrachte. Darüber hinaus hatten sich unterirdisch ausgedehnte Gewölbekeller erhalten, die in zwei Geschossen unter der Burg angelegt worden waren.
Abgesehen von den nördlich aufragenden Mauerresten der Burg, die unverändert an Ort und Stelle belassen wurden, erfolgte eine konsequente Einbeziehung der historischen Substanz in den Neubaukörper. Der erhaltene Sockel des mittelalterlichen Rundturms im Osten wurde mit einer transparenten Stahlkonstruktion versehen und zur Aussichtsterrasse des neuen Restaurants ausgebaut. Auf seiner Hofseite integriert der Neubau außerdem den wiederaufgebauten Treppenturm, der als Aufzugsschacht einer neuen Nutzung zugeführt wurde und alle vier Ebenen des Gebäudes miteinander verbindet. Die ersten drei Geschosse, einschließlich der Keller, sind für den Restaurant- und Gaststättenbereich vorgesehen, während das oberste Geschoss zur Unterbringung von Personalwohnungen dient.
Der in Bruchsteinmauerwerk ausgeführte Turm bildet nicht nur einen vertikalen Akzent, sondern auch einen eindrücklichen Gegensatz zwischen dem traditionellen Bruchstein und den modernen Materialien Metall und Glas. Vor- und zurückspringende Gebäudeteile bewirken darüber hinaus eine plastische Auflockerung der rötlich gefassten Metallfassade, die durch Abschrägung aller Gebäudeecken und Dachkanten zusätzlich differenziert wird. Zur Talseite öffnet sich die über der ehemaligen Ringmauer aufragende Fassade hingegen mit einer strengen Reihung weit auskragender polygonaler Erker und Balkone. Zwei große, in das historische Mauerwerk eingebrachte Thermenfenster kennzeichnen die Räume im Kellergeschoss, die sich hier in der gesamten Höhe ihrer Tonnengewölbe nach außen öffnen. Die vorhandenen Keller, die ebenfalls als Gastronomieräume dienen, wurden weitgehend im vorgefundenen Zustand belassen.
Die Planungen umfassten darüber hinaus auch die Außenraumgestaltung. So wurden auf mehreren Ebenen Terrassen mit polygonalen, bastionsartigen Vorsprüngen angelegt, die Anleihen an der Festungsarchitektur des 17. Jahrhunderts nehmen. Die filigranen Stahlbrüstungen der Terrassen, einst analog zu den Neubauteilen rot gefasst, sind mittlerweile verschwunden, doch ist die grundlegende Struktur der Böhm`schen Außengestaltung noch heute erkennbar.
Insgesamt lässt sich der 1971–1972 erfolgte Ausbau der Kauzenburg als Abkehr des Architekten von seiner brutalistischen Phase in den 1960er Jahren deuten. Statt der expressiven Betonung skulpturaler Werte in der Architektur und dem großflächigen Einsatz von Sichtbeton als Material finden nun filigrane Stahl-Glaskonstruktionen Eingang in die Gestaltung, welche die vorhandene mittelalterliche Substanz zu einem integralen Bestandteil der zeitgenössischen Konzeption machen und sich gleichzeitig gegenüber dem historischen Bestand selbstbewusst behaupten. Die Kauzenburg markiert damit einen wichtigen Wendepunkt im Werk Gottfried Böhms, der einen neuen, postmodernen Ansatz erkennen lässt, der erst in den 1980er Jahren vollends zur Geltung kommen und den der Kölner Architekt einige Jahre später, etwa bei der Neugestaltung des Saarbrücker Schlosses, erproben sollte.
Seit 1981 ist die Kauzenburg mitsamt den Resten der Burg sowie den Aus- und Umbauten Böhms eingetragenes Kulturdenkmal.